Klare Worte

Gericht: 1&1-Kündigungsfrist benachteiligt Kunden unangemessen

teltarif.de liegt Urteil des Landgerichts Koblenz gegen den Anbieter vor
Von Marc Kessler

1&1-Urteil Das Landgericht Koblenz sieht in der dreimonatigen 1&1-Kündigungsfrist auch bei laufzeitlosen Verträgen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden
Foto: Rafa Irusta - Fotolia.com / Montage: teltarif.de
Das Landgericht Koblenz hat dem Telekom­munikations­anbieter 1&1 untersagt, bei Verträgen ohne feste Vertragslaufzeit auf die Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungs­frist zum Monatsende zu bestehen (teltarif.de berichtete). Geklagt hatte die Verbraucher­zentrale Baden-Württem­berg, nachdem das Westerwälder Unternehmen das beanstandete Vorgehen nicht hatte ändern wollen. teltarif.de liegt nun das Urteil (Az.: 1 O 378/12) des Koblenzer Landgerichts vor - der zuständige Richter fand in seiner Urteils­begründung deutliche Worte.

Die baden-württem­bergische Verbraucher­zentrale war konkret gegen die Bedingungen der 1&1 Notebook-Flat in der Version ohne feste Vertragslaufzeit vorgegangen. Hierbei verwendet 1&1 seine Allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) für den Bereich DSL, Telefonie und Mobilfunk. Die Regelung gilt damit auch - wie berichtet - für die laufzeitlosen Varianten der hauseigenen Allnet-Flatrate 1&1 All-Net-Flat. Teilweise wirbt 1&1 mit den Worten "Ohne Vertragslaufzeit. Volle Freiheit und Flexibilität - jederzeit kündbar!"

1&1-Kündigungsfrist führt im worst case zu fast vier Monaten Laufzeit

1&1-Urteil Das Landgericht Koblenz sieht in der dreimonatigen 1&1-Kündigungsfrist auch bei laufzeitlosen Verträgen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden
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In Punkt 5.8 dieser AGB heißt es auch heute noch: "Der Kunde kann einen Vertrag, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen." Gegen diese Klausel war die Verbraucher­zentrale Baden-Württemberg vorgegangen und hatte in ihrer Klage beantragt, 1&1 die Verwendung dieser Klausel zu untersagen.

Die Kündigungsfrist von drei Monaten - noch dazu nur zum Ende eines Monats möglich - "führe zu einer unange­messenen Benachteiligung der Kunden", so die Verbraucherschützer. Die von 1&1 verwendete Klausel führe "bei kundenfeindlichster Auslegung zu einer Kündigungsfrist von drei Monaten und 30 Tagen und unterlaufe damit die individual­vertragliche Vereinbarung 'ohne Laufzeit'".

1&1 konnte mit seinen Argumenten nicht überzeugen

1&1 führte hingegen aus, es müsse zwischen Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist unterschieden werden. Kein Verbraucher erwarte bei einem Dauerschuld­verhältnis ohne Laufzeit eine jederzeitige fristlose Kündigungsmöglichkeit.

Das Gericht schloss sich dieser Argumentation indes nicht an und untersagte 1&1, die monierte Klausel gegenüber Verbrauchern weiter zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hat das Landgericht Koblenz "ein Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro (ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht".

Gericht: Vorteil des Vertrages ohne Laufzeit wird "geradezu konterkariert"

"Die Klausel 5.8 ist unwirksam", beschied der Richter dem Unternehmen aus Montabaur. Der Kunde werde unangemessen benachteiligt. Dies ergebe sich "aus der Unausgewogenheit zwischen der individuellen Vereinbarung eines Vertrages ohne Laufzeit einerseits und der in der beanstandeten Klausel von der Beklagten vorgesehenen Kündigungsfrist (...)". Und weiter: "Der mit dem Abschluss des Vertrages ohne Laufzeit für den Kunden verbundene Vorteil, sich, ohne eine längerfristige Bindung einzugehen, von der vertraglichen Verpflichtung lösen zu können, wird durch die (...) dreimonatige Kündigungsfrist zum Monatsende geradezu konterkariert, da sie (...) zu einer den Zeitraum von drei Monaten übersteigenden Vertragsdauer führt."

1&1-Kündigungsfrist sogar länger als bei Verträgen mit fester Laufzeit

Zudem sei die Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende sogar länger als die im Bürgerlichen Gesetzbuch (Paragraph 309, Nr. 9) festgelegte maximale Kündigungsfrist für Verträge mit vereinbarter Laufzeit (maximal drei Monate). Auch dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, urteilte das Koblenzer Landgericht.

Derzeit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig - 1&1 prüft eigener Aussage zufolge noch die Einlegung von Rechtsmitteln - und nicht vorläufig vollstreckbar. Wie berichtet, hat 1&1 an seinen Mobilfunk-Angeboten ohne feste Vertragslaufzeit bislang auch noch keine Änderungen vorgenommen.

Update [15.01.2013]: 1&1 hat Berufung einlegt

1&1 hat mittlerweile Berufung gegen das Urteil eingelegt. Eine Stellungnahme dazu wollte das Unternehmen wegen des laufenden Verfahrens nicht abgeben.

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