Gericht: 1&1-Kündigungsfrist benachteiligt Kunden unangemessen
Das Landgericht Koblenz sieht in der dreimonatigen 1&1-Kündigungsfrist auch bei laufzeitlosen Verträgen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden
Foto: Rafa Irusta - Fotolia.com / Montage: teltarif.de
Das Landgericht Koblenz hat dem
Telekommunikationsanbieter 1&1 untersagt, bei Verträgen ohne
feste Vertragslaufzeit auf die Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsende zu
bestehen (teltarif.de berichtete). Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg,
nachdem das Westerwälder Unternehmen das beanstandete Vorgehen nicht hatte ändern wollen.
teltarif.de liegt nun das Urteil (Az.: 1 O 378/12) des Koblenzer Landgerichts vor - der
zuständige Richter fand in seiner Urteilsbegründung deutliche Worte.
Die baden-württembergische Verbraucherzentrale war konkret gegen die Bedingungen der 1&1 Notebook-Flat in der Version ohne feste Vertragslaufzeit vorgegangen. Hierbei verwendet 1&1 seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für den Bereich DSL, Telefonie und Mobilfunk. Die Regelung gilt damit auch - wie berichtet - für die laufzeitlosen Varianten der hauseigenen Allnet-Flatrate 1&1 All-Net-Flat. Teilweise wirbt 1&1 mit den Worten "Ohne Vertragslaufzeit. Volle Freiheit und Flexibilität - jederzeit kündbar!"
1&1-Kündigungsfrist führt im worst case zu fast vier Monaten Laufzeit
Das Landgericht Koblenz sieht in der dreimonatigen 1&1-Kündigungsfrist auch bei laufzeitlosen Verträgen eine unangemessene Benachteiligung des Kunden
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In Punkt 5.8 dieser AGB heißt es auch heute noch: "Der Kunde kann einen Vertrag, der auf
unbestimmte Zeit geschlossen wurde, ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von drei Monaten zum
Monatsende kündigen." Gegen diese Klausel war die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg
vorgegangen und hatte in ihrer Klage beantragt, 1&1 die Verwendung dieser Klausel zu
untersagen.
Die Kündigungsfrist von drei Monaten - noch dazu nur zum Ende eines Monats möglich - "führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden", so die Verbraucherschützer. Die von 1&1 verwendete Klausel führe "bei kundenfeindlichster Auslegung zu einer Kündigungsfrist von drei Monaten und 30 Tagen und unterlaufe damit die individualvertragliche Vereinbarung 'ohne Laufzeit'".
1&1 konnte mit seinen Argumenten nicht überzeugen
1&1 führte hingegen aus, es müsse zwischen Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist unterschieden werden. Kein Verbraucher erwarte bei einem Dauerschuldverhältnis ohne Laufzeit eine jederzeitige fristlose Kündigungsmöglichkeit.
Das Gericht schloss sich dieser Argumentation indes nicht an und untersagte 1&1, die monierte Klausel gegenüber Verbrauchern weiter zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hat das Landgericht Koblenz "ein Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro (ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht".
Gericht: Vorteil des Vertrages ohne Laufzeit wird "geradezu konterkariert"
"Die Klausel 5.8 ist unwirksam", beschied der Richter dem Unternehmen aus Montabaur. Der Kunde werde unangemessen benachteiligt. Dies ergebe sich "aus der Unausgewogenheit zwischen der individuellen Vereinbarung eines Vertrages ohne Laufzeit einerseits und der in der beanstandeten Klausel von der Beklagten vorgesehenen Kündigungsfrist (...)". Und weiter: "Der mit dem Abschluss des Vertrages ohne Laufzeit für den Kunden verbundene Vorteil, sich, ohne eine längerfristige Bindung einzugehen, von der vertraglichen Verpflichtung lösen zu können, wird durch die (...) dreimonatige Kündigungsfrist zum Monatsende geradezu konterkariert, da sie (...) zu einer den Zeitraum von drei Monaten übersteigenden Vertragsdauer führt."
1&1-Kündigungsfrist sogar länger als bei Verträgen mit fester Laufzeit
Zudem sei die Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende sogar länger als die im Bürgerlichen Gesetzbuch (Paragraph 309, Nr. 9) festgelegte maximale Kündigungsfrist für Verträge mit vereinbarter Laufzeit (maximal drei Monate). Auch dies stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, urteilte das Koblenzer Landgericht.
Derzeit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig - 1&1 prüft eigener Aussage zufolge noch die Einlegung von Rechtsmitteln - und nicht vorläufig vollstreckbar. Wie berichtet, hat 1&1 an seinen Mobilfunk-Angeboten ohne feste Vertragslaufzeit bislang auch noch keine Änderungen vorgenommen.
Update [15.01.2013]: 1&1 hat Berufung einlegt
1&1 hat mittlerweile Berufung gegen das Urteil eingelegt. Eine Stellungnahme dazu wollte das Unternehmen wegen des laufenden Verfahrens nicht abgeben.