Verbrecherjagd

Berliner Senat will Funkzellenabfrage weiter praktizieren

Maßnahme nur bei schweren Straftaten plus Info der Betroffenen
Von dpa /

Bundesregierung will Funkzellenabfrage weiter praktizieren Berliner Senat will Funkzellenabfrage weiter praktizieren
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Die Berliner Regierungskoalition will an der um­stritten­en Funk­zellen­ab­fra­ge für die Ver­brecher­jagd fes­thalten und dafür die Rahmen­be­dingung­en konkreti­sier­en. SPD und CDU einigten sich darauf, die Maß­nahme über eine Bundes­rats­initiati­ve gesetz­lich auf schwe­re Straf­taten beschränken zu wollen. Zudem sollen die Bürger besser infor­miert werden, sollten sie erfasst worden sein, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Die massen­hafte Über­prüf­ung von Handy­dat­en ist umstritten, da vor allem Unbeteiligte betroffen sind. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix kritisierte [Link entfernt] jüngst erhebliche Mängel. So sei das "letzte Mittel bei der Polizeiarbeit" zur Alltagsmaßnahme geworden. Oft fehle eine Begründung für den Einsatz. Betroffene seien nicht wie vorgeschrieben informiert und unnötige Daten gelöscht worden.

Grundrechtsschutz bei Überwachung bisher mangelhaft

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Die Rechtspolitiker Sven Kohlmeier (SPD) und Sven Rissmann (CDU) erklärten, im "Herbst der Entscheidungen" würden "Grund­rechts­schutz und Straf­ver­folgungs­interesse" in Ausg­leich ge­bracht. "Vorstell­bar ist es, Betroffene über eine Internet­seite zu informieren", sagte Rissmann. Der technische und finanzielle Aufwand müsse nun geprüft werden. Dass Betroffene grund­sätzlich einzeln informiert werden wollten, glaube er nicht. "Das würde sie nur unnötig beunruhigen."

Die Piraten kritisierten den SPD/CDU-Vorstoß als "Nullnummer". "Seit Februar fordern wir eine restriktivere Handhabung", sagte Fraktionschef Christopher Lauer. Dazu reiche eine entsprechende Dienstanweisung des Justizsenators an die Staatsanwaltschaft, den Einsatz künftig genau zu begründen. "Es ist lächerlich, dass sich Betroffene nun im Internet selbst schlaumachen sollen", sagte Lauer weiter. "Die Bringschuld liegt beim Staat, das ist Gesetz."

Funkzellenabfrage könnte unverhältnismäßig sein

Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux forderte, die Abfrage nur als letztes Mittel zuzulassen. "Bislang reicht es, wenn die Ermittlungen sonst "wesentlich erschwert" sind - das ist ein sehr dehnbarer Begriff." Es sei zudem nicht erwiesen, dass die Maßnahme überhaupt im Verhältnis zum Erfolg stehe.

Bei der Abfrage werden anonyme Daten von Mobilfunknutzern in einem bestimmten Gebiet und Zeitraum erhoben. Dazu zählen etwa Rufnummer, Anfangs- und Endzeit von Gesprächen sowie der ungefähre Standort. Die Anschlussinhaber werden erst nach weiteren Anhaltspunkten ermittelt. Laut Polizei ist dies in weniger als einem Prozent der Fall.

Zwischen 2009 und Ende Juli 2012 wurde die Funkzellenabfrage in Berlin in 1 109 Verfahren eingesetzt. In 116 Fällen wurden neue Ermittlungsinhalte gewonnen - ob damit Täter überführt werden konnten, ist jedoch unklar. Insgesamt fielen mehr als 6,6 Millionen Datensätze an.

Update 11.10., 11:00 Uhr: Berliner Senat statt Bundesregierung

Der gemeinsame Beschluss stammt nicht wie ursprünglich berichtet von der Bundesregierung, sondern vom Berliner Senat. Dieser Fehler wurde korrigiert.

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