Redtube: Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Abmahner (Update)
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner.
Bild: sta-koeln.nrw.de
Mittlerweile interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft Köln dafür, wie die Verantwortlichen für die Abmahnwelle gegen Nutzer des Erotik-Portals an die IP-Adressen gelangt sind, mit denen sie ihre Forderungen begründen. Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Werdermann/von Rüden habe gestern Nachmittag aus Justizkreisen erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Köln gegen Verantwortliche im Redtube-Fall ermittelt, berichtet die Welt. "Die Staatsanwaltschaft Köln war offenbar nach den Medienberichten der vergangenen Woche auf den Fall aufmerksam geworden und hatte die Ermittlungen eingeleitet", zitiert die Zeitung den Rechtsanwalt Johannes von Rüden.
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner.
Bild: sta-koeln.nrw.de
"Wenn die Staatsanwaltschaften nun auch ohne Anzeigen ermitteln, bedeutet dies, dass hier offenkundig der
Verdacht von Straftaten im Raum steht. Damit kann der Frage nachgegangen werden, wie itGuards die IP-Adressen tausender unbescholtener Bürger ermitteln konnte."
Update 15:00: Mittlerweile hat Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer gegenüber der Presse bestätigt, dass untersucht werde, ob ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen falscher Versicherung an Eidesstatt gegenüber dem Landgericht Köln geleitet werde. Der Oberstaatsanwalt spricht von "einer Regensburger Anwaltskanzlei", die möglicherweise falsche Angaben vor dem Landgericht Köln gemacht habe, um an Nutzerdaten heranzukommen. Ende Update
Wie bereits in unserem Editorial von Sonntag beschrieben, versuchen abgemahnte Nutzer seit Tagen selbst in entsprechenden Foren, Indizien für ein illegales Vorgehen der Abmahner zu sammeln. So fahnden sie im Internet-Browser noch Protokolldateien zu den Tagen von Ende Juli bis Anfang August, an denen laut Abmahnung die urheberrechtlich geschützten Redtube-Seiten besucht worden seien. Dort gab es Hinweise auf eine Seite names trafficholder.com, von der aus in schneller Folge erst auf die Seite movfile.net, dann auf die Seite retdube.net und von dort auf das eigentliche Streaming-Portal Redtube weitergeleitet wurde.
Die Seite Trafficholder ist ein Angebot speziell für die Betreiber von Porno-Seiten – diese Website leitet Internet-Nutzer auf der Suche nach Sexseiten gezielt auf entsprechende Porno-Angebote weiter. Laut eigenen Auskünften reicht Trafficholder knapp 20 Millionen Nutzer pro Tag weiter, die erst per Google nach Sex-Schlagwörtern gesucht haben und auf diese Weise auf die Trafficholder-Landingpages gelangt sind.
Urheberrechtsverletzung ohne Wissen der Nutzer
Interessant hierbei ist, dass movfile.net und retdube.net erst am 22. bzw. 21. Juli in Panama registriert wurden - nach Aussagen von Abgemahnten nur wenige Tage, bevor die angebliche "Überwachung" der illegalen Download-Links auf Redtube begann. Redtube selbst ist in Luxemburg registriert und die Server befinden sich in den Niederlanden. Laut dem Statistik-Dienst alexa.com gehört Redtube zu den hundert meistbesuchten Sites Deutschlands, nur einen Platz hinter telekom.de. Eine Internet-Seite mit grundsätzlich illegalen Inhalten würde sich dauerhaft kaum so hoch halten können - sie wäre von den Rechteinhabern längst weggeklagt worden, wie das mit anderen illegalen Angeboten durchaus schon geschehen ist. Insofern muss ein Nutzer bei Redtube nicht davon ausgehen, dass er sich möglicherweise illegale Inhalte ansieht.
Geschäftsmodell Abmahnung - wurden die Redtube-Nutzer Opfer eines Betrugsversuchs?
Bild:dpa
Theoretisch wäre es möglich, dass die von den Abmahnern eingeschaltete Ermittlungsfirma Trafficholder
dafür bezahlt, deutsche Porno-Sucher gezielt auf die Seiten movfile.net und retdube.net weiterzuleiten. Von dort wurden sie mit einer eindeutigen Link-Nummer zu Redtube weitergeleitet. Ein Indiz, das diese Erklärung stützt, ist der Umstand, dass sich seit der Registrierung von movfile.net und retdube.net die Zugriffszahlen der fraglichen Filme verdoppelt haben. Sollte sich der Vorwurf erhärten, dass "skimmed traffic" eingekauft wurde, also Nutzer, die einen ganz anderen Link angeklickt hatten, gezielt auf die angeblichen Schwarzkopien auf Redtube weitergeleitet wurden, kann es für die Verantwortlichen ziemlich unsgemütlich werden. Denn dann wären die behaupteten Urheberrechtsverletzungen ohne die aktive Mitwirkung der Nutzer entstanden.
Die Abmahnung von Tausenden ahnungsloser und somit unschuldiger User eines Erotikportals kann rechtlich durchaus als Betrugsversuch (oder vollendeter Betrug, wenn die User zahlen) bewertet werden. Hier muss dann im Einzelfall geklärt werden, ob dem abmahnenden Anwalt nachgewiesen werden kann, dass er wusste oder wissen konnte, dass die Nutzer weder vorsätzlich noch fahrlässig Urheberrechte verletzt haben.
Von der Abmahnwelle betroffenen Nutzern empfiehlt teltarif.de weiterhin, einfach nicht zu reagieren. Wie es um die finanzielle Situation der Porno-Industrie und welche Verbindungen zwischen Rechteinhabern, Anwälten und Inkasso-Firmen möglicherweise gibt, beleuchtet unser Beitrag Porno-Produzent: Soviel Geld verdienen wir mit den Abmahnungen.