Themenspezial: Verbraucher & Service Ermittlungen

Redtube: Staats­anwalt­schaft Köln ermittelt gegen Abmahner (Update)

Woher kamen die IP-Adressen? Diese Frage beschäf­tigt inzwi­schen auch die Staats­anwalt­schaft Köln. Sie hat Er­mitt­lungen gegen die Verantwort­lichen für die Redtube-Abmah­nungen einge­leitet.
Von Marie-Anne Winter

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner.
Bild: sta-koeln.nrw.de
Mittler­weile interes­siert sich auch die Staats­anwalt­schaft Köln dafür, wie die Ver­antwort­lichen für die Abmahn­welle gegen Nutzer des Erotik-Portals an die IP-Adres­sen gelangt sind, mit denen sie ihre For­derungen be­gründen. Die Berliner Rechts­anwalts­kanzlei Werder­mann/von Rüden habe gestern Nach­mittag aus Justiz­kreisen erfahren, dass die Staats­anwalt­schaft Köln gegen Ver­antwort­liche im Redtube-Fall er­mittelt, berichtet die Welt. "Die Staats­anwalt­schaft Köln war offenbar nach den Medien­berichten der ver­gangenen Woche auf den Fall auf­merk­sam geworden und hatte die Ermitt­lungen einge­leitet", zitiert die Zeitung den Rechts­anwalt Johannes von Rüden.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen die Redtube-Abmahner.
Bild: sta-koeln.nrw.de
"Wenn die Staats­anwalt­schaften nun auch ohne Anzeigen ermit­teln, bedeutet dies, dass hier offen­kundig der Verdacht von Straf­taten im Raum steht. Damit kann der Frage nach­gegangen werden, wie itGuards die IP-Adressen tausender un­beschol­tener Bürger ermit­teln konnte."

Update 15:00: Mitt­ler­weile hat Ober­staats­anwalt Ulrich Bremer gegen­über der Presse bestä­tigt, dass unter­sucht werde, ob ein Ermittlungs­verfahren gegen Unbe­kannt wegen falscher Versi­che­rung an Eides­statt gegen­über dem Land­gericht Köln geleitet werde. Der Ober­staats­anwalt spricht von "einer Regens­burger Anwalts­kanzlei", die möglicher­weise falsche Angaben vor dem Land­gericht Köln gemacht habe, um an Nutzer­daten heran­zukommen. Ende Update

Wie bereits in unserem Edito­rial von Sonntag beschrieben, versu­chen abge­mahnte Nutzer seit Tagen selbst in ent­sprechenden Foren, Indi­zien für ein il­legales Vor­gehen der Abmahner zu sammeln. So fahnden sie im Internet-Browser noch Protokoll­dateien zu den Tagen von Ende Juli bis Anfang August, an denen laut Abmah­nung die urheber­rechtlich geschützten Redtube-Seiten besucht worden seien. Dort gab es Hinweise auf eine Seite names trafficholder.com, von der aus in schneller Folge erst auf die Seite movfile.net, dann auf die Seite retdube.net und von dort auf das eigent­liche Strea­ming-Portal Redtube weiter­geleitet wurde.

Die Seite Traffic­holder ist ein Angebot speziell für die Betreiber von Porno-Seiten – diese Website leitet Internet-Nutzer auf der Suche nach Sexseiten gezielt auf ent­sprechende Porno-Ange­bote weiter. Laut eigenen Auskünften reicht Traffic­holder knapp 20 Millionen Nutzer pro Tag weiter, die erst per Google nach Sex-Schlag­wörtern gesucht haben und auf diese Weise auf die Traffic­holder-Landing­pages gelangt sind.

Urhe­ber­rechts­ver­let­zung ohne Wissen der Nutzer

Inter­essant hierbei ist, dass movfile.net und retdube.net erst am 22. bzw. 21. Juli in Panama regis­triert wurden - nach Aussagen von Ab­gemahnten nur wenige Tage, bevor die angeb­liche "Über­wachung" der ille­galen Down­load-Links auf Redtube begann. Redtube selbst ist in Luxem­burg regis­triert und die Server befinden sich in den Nieder­landen. Laut dem Statistik-Dienst alexa.com gehört Redtube zu den hundert meist­besuchten Sites Deutsch­lands, nur einen Platz hinter telekom.de. Eine Internet-Seite mit grund­sätzlich ille­galen Inhalten würde sich dauer­haft kaum so hoch halten können - sie wäre von den Rechte­inhabern längst wegge­klagt worden, wie das mit anderen ille­galen Ange­boten durchaus schon geschehen ist. Inso­fern muss ein Nutzer bei Redtube nicht davon ausgehen, dass er sich möglicher­weise ille­gale Inhalte ansieht.

Geschäftsmodell Abmahnung - wurden die Redtube-Nutzer Opfer eines Betrugsversuchs? Geschäftsmodell Abmahnung - wurden die Redtube-Nutzer Opfer eines Betrugsversuchs?
Bild:dpa
Theo­retisch wäre es möglich, dass die von den Abmah­nern ein­geschaltete Ermittlungs­firma Traf­ficholder dafür bezahlt, deut­sche Porno-Sucher gezielt auf die Seiten movfile.net und retdube.net weiter­zuleiten. Von dort wurden sie mit einer ein­deutigen Link-Nummer zu Redtube weiter­geleitet. Ein Indiz, das diese Erklä­rung stützt, ist der Um­stand, dass sich seit der Regis­trierung von movfile.net und retdube.net die Zugriffs­zahlen der frag­lichen Filme verdop­pelt haben. Sollte sich der Vorwurf erhärten, dass "skimmed traffic" einge­kauft wurde, also Nutzer, die einen ganz anderen Link ange­klickt hatten, gezielt auf die angeb­lichen Schwarz­kopien auf Redtube weiter­geleitet wurden, kann es für die Verant­wort­lichen ziem­lich uns­gemüt­lich werden. Denn dann wären die behaup­teten Urheber­rechts­verletzungen ohne die aktive Mit­wirkung der Nutzer entstanden.

Die Abmah­nung von Tausenden ahnungs­loser und somit un­schuldiger User eines Erotik­portals kann recht­lich durchaus als Betrugs­versuch (oder voll­endeter Betrug, wenn die User zahlen) bewertet werden. Hier muss dann im Einzel­fall geklärt werden, ob dem ab­mahnen­den Anwalt nach­gewiesen werden kann, dass er wusste oder wissen konnte, dass die Nutzer weder vor­sätzlich noch fahr­lässig Urheber­rechte verletzt haben.

Von der Abmahn­welle betrof­fenen Nutzern empfiehlt teltarif.de weiterhin, einfach nicht zu reagieren. Wie es um die finan­zielle Situa­tion der Porno-Indus­trie und welche Verbin­dungen zwischen Rechte­inhabern, Anwälten und Inkasso-Firmen mögli­cher­weise gibt, beleuchtet unser Beitrag Porno-Produ­zent: Soviel Geld verdienen wir mit den Abmah­nungen.

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