Themenspezial: Verbraucher & Service Wandel

Redtube-Abmahnanwalt Thomas Urmann: Vom Jäger zum Gejagten

Es gibt viele Parallelen zum Fall eines früheren Abmahnanwalts, der vermutlich ebenfalls gezielt Nutzer in die Falle lockte. Auch bei diesem lockte das "weibliche Geschlecht" vor allem männliche User.
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Es ist eine wenig weihnachtliche Geschichte, die auch dieser Tage weitergeschrieben wird: Die von Thomas Urmann durchgeführte Redtube- Abmahnwelle gegen Porno-Konsumenten. Sah es anfangs so aus, als ob vor allem die Abgemahnten sich Sorgen machen müssen, ob sie lieber den "Ablass" von 250 Euro schnell bezahlen oder möglicherweise weitere rechtliche Verwicklungen riskieren sollen, ist inzwischen glasklar: Nicht zahlen! Sorgen machen muss sich hingegen Urmann, sowohl um seine Finanzen als auch um seine Freiheit. Redtube Streaming-Portal Redtube Streaming-Portal
Screenshot: Redtube

  • (siehe Meldung Keine weiteren Redtube-Abmahnungen)
    Vom Porno-Portal Redtube wurde eine Einstweilige Verfügung gegen die Kanzlei Urmanns und deren Auftraggeber, die The Archive AG, erwirkt, die beiden künftig verbietet, weitere Streaming-Nutzer des Portals abzumahnen. Sollte diese Entscheidung Bestand haben, könnte Redtube im nächsten Schritt auf Auskunft klagen, um zu erfahren, wie viele Nutzer abgemahnt wurden und wie viele in Summe wie viel Geld bezahlt haben. Verfolgt Redtube oder eine Verbraucherzentrale die Sache weiter, könnten Urmann und/oder The Archive beispielsweise nach § 10 UWG zur Herausgabe dieses illegal erlangten Gewinns verpflichtet werden.
  • (siehe Meldung Landgericht Köln gesteht: Nutzerrechte wohl verletzt)
    Das Landgericht Köln hat in einem für die deutsche Justiz (fast?) einmaligem Vorgang per Pressemitteilung seine eigenen Entscheidungen korrigiert, mit denen die Auskunftsersuchen Urmanns zunächst durchgewunken wurden. Man beachte, dass es sich hier nicht um eine höhere Instanz handelt, die ein anderes Urteil fällt, sondern das Gericht selber seine Rechtsmeinung zu den Auskunftsersuchen geändert hat.

    Mit Sicherheit werden Streaming-Abmahnungen künftig nicht mehr so einfach durchgewunken werden. Zudem ist davon auszugehen, dass Urmanns Name bei allen Gerichten, die mit Auskunftsersuchen bei Urheberechtsverletzungen befasst sind, künftig vorbelastet ist.

  • (nicht separat auf teltarif.de gemeldet)
    Bei unberechtigten Urheberrechts-Abmahnungen steht dem unschuldigen Adressaten gemäß § 97a UrhG ein Anspruch auf die Erstattung ihrer jeweiligen Rechtsanwaltskosten zu. Hier könnte für Urmann einiges an Kosten auflaufen - die Anwälte der Streaming-Abmahnopfer sind ja alles andere als untätig.
  • (siehe Hat der Abmahner überhaupt die Rechte?)
    Inzwischen tauchen auch berechtigte Zweifel daran auf, dass The Archive überhaupt exklusive (Online-)Verwertungsrechte an den Filmen hat, deren Streaming abgemahnt wurde. Wenn The Archive aber nur nicht-exklusive Rechte haben, dann kann Redtube ebenfalls nicht-exklusive Rechte erworben haben, und die betreffenden Filme ganz legal so oft streamen, wie deren Nutzer drauf klicken.

    Für die User, die auf die Abmahnung hin bezahlt haben, bedeutet diese Wendung, dass sie ihre Unterlassungsverpflichtung widerrufen und sogar die Abmahnkosten zurückfordern können. Es bleibt natürlich die Frage, wie viel bei Urmann und/oder The Archive überhaupt noch zu holen sein wird.

  • (siehe Meldung Urmann räumt rechtliche Probleme ein)
    In einem Interview mit dem Focus räumte Urmann ein, dass es passieren könnte, "dass mit der Rechte­kette etwas nicht in Ordnung ist. Im "schlimmsten Fall hätten die Abgemahnten dann einen Schaden­ersatz­anspruch gegen The Archive".
  • (siehe Meldung Anzeige wegen schwerer Erpressung)
    Von der Anwaltskanzlei Müller und Rössner liegt eine gut begründete Strafanzeige wegen Nötigung bzw. Betrug gegen Urmann vor. Diese bezieht sich insbesondere auf ein vor wenigen Monaten ergangenes BGH-Urteil (Aktenzeichen 1 StR 162/13), das anwaltliche Drohungen mit einer Strafanzeige bei offensichtlich unzutreffenden Geldforderungen als Nötigung einstuft.
  • (Update 07.01.2014, siehe Meldung Bundesregierung: Betrachten von Videostreams ist legal)
    Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE an die Bundesregierung zur Redtube-Abmahnwelle geht hervor, dass das Bundesjustizministerium das Redtube-Streaming nicht als Urhe­ber­rechts­ver­letzung wertet, und das aus gleich zwei Gründen: Sonderregeln für Streaming und Sonderregeln für die Privatkopie. Entsprechend bekommt der strafrechtliche Vorwurf der "offensichtlich unzutreffenden Geldforderung" noch mehr Gewicht.
  • (nicht separat auf teltarif.de gemeldet)
    Ulf Buermeyer, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichts und Richter am Landgericht Berlin erklärt in einer juristischen Analyse auf heise.de: "Solche [Streaming-]Abmahnungen werden in aller Regel wenigstens als versuchter Betrug strafbar sein."
  • (siehe Meldung Urmann optimistisch)
    In einem Interview mit der Hamburger Morgen­post zeigte sich Urmann optimistisch: Immerhin prüfe die Staats­anwalt­schaft Hamburg derzeit nur, ob sie ermitteln werde.
Lesen Sie auf Seite 2, welche neuen Entwicklungen es in Sachen "IP-Adress-Ermittlung" gibt, sowie, welch tragisches Ende ein anderer berüchtigter Abmahnanwalt nahm.

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