Themenspezial: Verbraucher & Service Porno-Streaming

Redtube-Ab­mahn­ungen: Die Anwälte schla­gen zurück - Urmann opti­mistisch

Für viele überraschend zeigt sich Thomas Urmann öffentlich weiter optimistisch. Er hat auch eine ganz eigene Meinung zur Aussage der Bundesregierung über die Legalität des Streamings.
Von Hans-Georg Kluge

Die Redtube-Abmahnwelle sorgt weiter für Wirbel. Die Redtube-Abmahnwelle sorgt weiter für Wirbel.
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Die Redtube-Abmahnungen waren für viele Verbraucher ein Schock - wähnten sie sich doch vor IP-Adressen-Sammlern in Sicherheit. Und überhaupt: Kann es denn illegal sein, auf einem großen Porno-Portal ein oder zwei Filmchen anzusehen?

Zumindest einige Anwälte schmunzeln über diese Ansichten. Der Firma itGuards will es gelungen sein, IP-Adressen von Nutzern des Streaming-Portals Redtube aufzuzeichnen. Sogar konkrete Aktionen des Nutzers seien in der Ermittlungs-Software GLADII ersichtlich - zum Beispiel, wann er das Video startet, pausiert oder stoppt.

Aufgrund eines Gutachtens, das dieses Verfahren für rechtlich einwandfrei erklärt, hat das Landgericht Köln einigen - aber nicht allen - Anträgen des Berliner Anwalts Daniel Sebastian zugestimmt. In diesen forderte er Auskunft über Kundendaten zu den gesammelten IP-Adressen. Rechtsanwalt Thomas Urmann trat daraufhin mit den auf diese Weise ermittelten Adressen von Telekom-Kunden eine beispiellose Abmahnwelle los.

Thomas Urmann: Antwort der Bundesregierung spielt keine Rolle

Die Redtube-Abmahnwelle sorgt weiter für Wirbel. Die Redtube-Abmahnwelle sorgt weiter für Wirbel.
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Die Verbraucher haben jedenfalls einen schlagkräftigen Partner im Boot: die Bundesregierung. Diese hatte auf eine Parlamentsanfrage hin dem Streaming ihren Segen erteilt. Doch nach Ansicht von Thomas Urmann ist diese Antwort das Papier kaum wert, auf dem sie gedruckt ist - in vierfacher Ausführung für den Bundestag und die Fraktion, wie es im Begleitschreiben der Antwort steht.

Gegenüber den Kollegen der Hamburger Morgenpost [Link entfernt] äußert sich Thomas Urmann zu den Argumenten des Justizministeriums. "Für uns spielt [das] keine Rolle", sagt der abmahnende Anwalt. Denn es sei nüchtern betrachtet sehr dünn, was die Regierung geantwortet habe. Letztlich müsse laut der Regierung der EuGH über die wesentlichen Rechtsfragen entscheiden. "Die Regierung sollte ein neues Gesetz einbringen, dann hätten wir eine juristische Grundlage", sagt Urmann der Hamburger Morgenpost. "So ändert sich nichts und es spielt keine Rolle für unsere weitere Arbeit."

Auch der Anzeige wegen Betrugs sieht er gelassen entgegen. Immerhin prüfe die Staatsanwaltschaft Hamburg derzeit nur, ob sie ermitteln werde. "Obwohl ich das eigentlich kindisch finde, wenn sich Anwälte gegenseitig anzeigen", so Urmann, überlege er, ob er nicht eine Gegenanzeige erstatten wolle.

Einschätzung: Streaming-Abmahnungen könnten lukrativ sein

Für die Medienindustrie sind Streaming-Portale ein echtes Ärgernis - allerdings dürften die Anwälte im Falle offensichtlich illegaler Portale wie dem längst abgeschalteten kino.to Chancen haben, auch vor Gericht mit Abmahnungen gegen Streaming-Nutzer durchzukommen - wenn die Herkunft der IP-Adressen zu erklären ist. Abzuwarten bleibt, ob Rechtsanwälte in diese juristische Grauzone eindringen werden und versuchen, vor Gericht für sie positive Urteile zu erkämpfen - mit den Redtube-Daten ist das aber nicht mehr erfolgsversprechend. Selbst wenn das in anderen Fällen gelingen sollte: Bis der EuGH letztinstanzlich über diesen Sachverhalt entscheidet, dürften noch Jahre vergehen.

Viele Verbraucher meiden mittlerweile Filesharing über Peer-to-Peer-Netzwerke. In diesen können Ermittler der Industrie leicht IP-Adressen abgreifen. Bei Streaming-Portalen oder One-Click-Hostern ist die IP-Adresse sehr viel schwieriger herauszufinden - mit unbedenklichen Methoden ist das wohl unmöglich. Verbraucher sollten sich dennoch gerade in puncto Streaming nicht zu sicher fühlen. Lediglich auf Portalen wie Youtube, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, kann der Nutzer ohne große Bedenken streamen.

Bundesregierung äußert sich zu Streaming und Privatkopie

Wie bereits am Mittwoch berichtet, hatte die Fraktion der Linken eine Antwort des Bundesjustizminsiteriums auf eine Kleine Anfrage veröffentlicht. Darin äußern sich die Beamten zu zwei wesentlichen Rechtsfragen. Sie halten die Schrankenregelung im Paragraf 44a des Gesetzes zum Urheberrecht (UrhG) im Falle eines Video-Streams für einschlägig. Das heißt: Einen Stream zu betrachten sei keine rechtlich relevante Vervielfältigung, da diese lediglich flüchtig und technisch erzwungen ist.

Die Antwort des Ministeriums streift daneben die Frage der Privatkopie. Die sogenannte Privatkopie-Schranke in Paragraf 53 UrhG gelte zumindest dann, wenn die Vervielfältigung des Materials zum privaten Gebrauch und ohne Erwerbszweck geschieht. Aus dem Kontext der Antwort geht aber auch hervor: Die Privatkopie ist dann nicht erlaubt, wenn das Materila aus offensichtlich rechtswidriger Quelle stammt - zum Beispiel im Kinosaal aufgenommene Filme oder aus anderen illegalen Streaming-Portale. Da das Gesetz dem Nutzer aber keine "unerfüllbaren Prüfpflichten" auferlegt, gehen Beobachter zumeist davon aus, das Streaming von Webseiten wie Redtube von Paragraf 53 gedeckt ist.

Eine detaillierte Einschätzung der Antwort der Bundesregierung lesen Sie in unserer Meldung Bundesregierung: Video-Streaming ist legal. Eine Übersicht über wichtige Ereignisse im Zusammenhang mit der Redtube-Abmahnwelle erhalten Sie in unserem Hintergrund-Artikel Redtube-Abmahnanwalt Thomas Urmann: Vom Jäger zum Gejagten.

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