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Editorial: Kein Himmel auf Erden

Bezahlsender Sky reagiert zunehmend nervös
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Pay-TV hat es nicht leicht in Deutschland: Auch wenn es eigentlich einen großen Bedarf nach guter Information und Unterhaltung jenseits des öffentlich-rechtlich-privaten Einheitsbreis geben dürfte, ist weder Premiere alias Sky noch Arena bisher der Durchbruch gelungen. Und die Zeit wird langsam knapp: Der Schwerpunkt der Mediennutzung verlagert sich vor allem bei den Jüngeren zunehmend ins Web; die ältere Generation folgt langsam, aber unaufhaltsam. Je mehr aber das Fernsehen wie heute schon das Radio zur Nebenbei-Berieselung verkommt, desto schwieriger wird es werden, Zuschauer zu finden, die für bestimmte Inhalte auch noch extra bezahlen.

Vielleicht ist das der Grund, warum Sky-Vorstand Mark Williams fast schon panisch reagiert, kurzfristig mit Millionenaufwand die Marke von "Premiere" in "Sky" ändert, und im Streit mit der Deutschen Telekom nicht nur die Neubuchung seiner Programme für Entertain-Kunden unterbindet, sondern auch die Belieferung von Altkunden mit dem Sky-Signal einstellen lässt. Denn nur ein kleiner Teil der so gegängelten Sky-Kunden dürfte auf anderem Weg (Satellit, Kabel) zu diesem TV-Anbieter zurückkehren. Die Mehrheit dürfte verloren sein. Und T-Home wird ihre streitauslösende Abwerbekampagne für Sky-Kunden sicher weiter intensivieren.

Ein Ende des Streits, der schon die Gerichte erreicht hat, ist derzeit nicht in Sicht. Und so wird das "himmlische" Programm im "irdischen" DSL wohl auch künftig fehlen.

Auch "Entertain" ist nicht gerade erfolgsverwöhnt

Aber auch das Web-Fernsehen "Entertain" der Deutschen Telekom ist nicht gerade ein Erfolgsmodell. Mit unter einer Million Kunden liegt man auch hier weit hinter den Erwartungen. Der Streit mit Sky ist auch für die Telekom nicht förderlich: Diejenigen Kunden, denen Sky wichtiger ist als Entertain, dürften kaum noch diesen teuren Anschluss buchen.

Immerhin zieht T-Home die Konsequenz aus dem mäßigen Erfolg von Entertain und vermarktet VDSL-Anschlüsse sowohl selbst als auch über Partner auch ohne Zwangskopplung mit Entertain. Selbst bietet das Bonner Unternehmen aktuell sowohl den 25-MBit/s- als auch den 50-MBit/s-Anschluss für monatliche Grundpreise zu 44,95 bzw. 49,95 Euro an. 1 & 1 bietet mit DSL-HomeNet 50.000 ebenso einen Anschluss mit bis zu 50 MBit/s Übertragungsgeschwindigkeit im Downstream an, Vodafone will in Kürze starten.

Internet auf dem Fernseher!?

Unterdessen arbeiten viele daran, das "Internet", gemeint ist wohl das "World Wide Web", auf den Fernseher zu bringen. Intel stellte diesbezüglich jüngst den Sodaville-Chip vor. Besonders herausgestellt wurde dessen Fähigkeit, auch Flash-Videos abzuspielen. Was er damit der Handy-Chip-Konkurrenz a la Snapdragon und OMAP4 voraushat, bleibt allerdings unklar, denn Flashplayer gibt es auch für diese.

Zudem: Die Vorstellung, mit einer Fernseher-Fernbedienung einen Cursor-Ersatz über eine kaum auf das neue Format angepasste Webseite zu navigieren, weckt nicht gerade Vorfreude in mir, egal, ob die Seite nun in HTML oder Flash programmiert wurde. Wahrscheinlich müssen wir warten, bis einer der üblichen Verdächtigen wie Apple (iPhone: Perfektionierung des Touchscreen zur Nutzung von Applikationen auf dem Handy) oder Nintendo (Wii-Konsole: Steuerung durch Bewegung des Controllers statt durch Tastendrücke) ein stimmiges Gesamtkonzept inklusive einfacher Bedienung und guter Bildqualität vorstellt. Sobald dieses aber verfügbar ist, beginnt der Abschied vom auf Live-Broadcast beruhenden linearen Fernsehen.

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