Themenspezial: Verbraucher & Service Schwierig

teltarif hilft: Telekom-Prepaid-Aktivierung mit Hindernissen

Wer sich im Super­markt eine Prepaid­karte kauft, muss sich einer Iden­tifi­zie­rung unter­ziehen. Wer da nicht tech­nisch top ausge­rüstet ist oder jemanden kennt, kann daran schnell verzwei­feln.
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Prepaid-SIM-Karten sollen einfach sein. "No frills" heißt das, es soll alles sofort funk­tio­nieren, also ideal für Menschen, die es mit der Technik nicht so haben.

In Super­märkten oder Kiosken hängen die Karten am Haken. Herun­ter­nehmen, an der Kasse vorlegen, den Start­preis bezahlen und gut ist? Leider nicht.

Umständ­liche Iden­tifi­zie­rungs­pflicht stört Kunden­erlebnis

Bevor eine Prepaid-Karte genutzt werden, muss der Nutzer zweifelsfrei identifiziert werden, erst danach darf sie freigeschaltet werden. Bevor eine Prepaid-Karte genutzt werden, muss der Nutzer zweifelsfrei identifiziert werden, erst danach darf sie freigeschaltet werden.
Foto: Image licensed by Ingram Image, Logo: Telekom
Mitnichten. Die deut­sche Geset­zes­büro­kratie unter­stellt jedem poten­ziellen Prepaid-Kunden, aller­schwerste Straf­taten zu planen. Also muss der Kunde erst einmal iden­tifi­ziert werden. Das bedeutet, der Kunde muss seinen Pass zeigen, eine dritte Person muss sich den Pass genau anschauen, dem Kunden tief in die Augen blicken und dann entscheiden, das ist wirk­lich Gerda Muster­mann oder Andreas Muster­frau, und dann kann die Karte beim Netz­betreiber am Ende auch akti­viert werden.

Besser im Handyladen kaufen?

Sie hängen im Supermarkt zum Mitnehmen. Erst durch Bezahlung an der Kasse wird die Kartenaktivierung freigegeben. Danach kann es kompliziert werden. Sie hängen im Supermarkt zum Mitnehmen. Erst durch Bezahlung an der Kasse wird die Kartenaktivierung freigegeben. Danach kann es kompliziert werden.
Montage: teltarif.de
Kauft man die Karte im Handyladen, über­nimmt das Personal vor Ort diese Prozedur. Ja, in manchen Super­märkten soll das auch möglich sein, meis­tens aber nicht.

Kunde kauft Karte und verzwei­felt - teltarif.de muss helfen

Vermut­lich ermun­tert durch die Werbung (doppeltes Daten­volumen für 24 Wochen), kaufte ein Kunde eine MagentaMobil Prepaid M für das Netz der Telekom, bezahlte 10 Euro und ging damit stolz nach Hause. Dort hat er dann das Paket geöffnet und war erst einmal ratlos. Im Paket die SIM-Karte mit allen wich­tigen Daten wie spätere Rufnummer der Karte ("Diese Nummer ist uns unbe­kannt", wenn man sie sofort anruft), die Karten­nummer , PIN1, PUK1, PIN2 und PUK2, alles dabei. Und dann ist da noch ein QR-Code, womit man die Prozedur zur Iden­tifi­zie­rung einleiten soll.

Geschenk für Mami?

Der Kunde wollte die Karte in einem refur­bished Handy seiner Mutter schenken. Da es eine Über­raschung sein sollte, kam eine Einbe­zie­hung der Mutter nicht in Frage, er beschloss, die Karte auf sich selbst anzu­melden. Da ihm die Prozedur unver­ständ­lich erschien, bat er den Autor um Hilfe, den er über Umwege kennen lernte.

Es beginnt mit einem QR-Code

Den QR-Code aus dem Paket gescannt: Es öffnet sich auf dem Handy die Regis­trie­rungs­seite der Telekom. Diese schlägt vor, sich über die App "NECT" (genauer "NECT Wallet") zu iden­tifi­zieren. Die gibt es für Android/Google oder iOS/Apple im jewei­ligen App-Store. Kunden anderer Systeme bleiben außen vor.

Iden­tifi­zie­rung mit NECT Wallet?

Die NECT kann den Video-Agenten ersparen, wenn der Kunde alles richtig macht. Ansonsten sorgt sie für Verzweiflung. Die NECT kann den Video-Agenten ersparen, wenn der Kunde alles richtig macht. Ansonsten sorgt sie für Verzweiflung.
Homepage nect.de / Screenshot: teltarif.de
Die NECT-App bittet den Anwender, seinen Perso­nal­aus­weis von beiden Seiten zu foto­gra­fieren und seine Kunden­daten am Handy einzu­tippen, wobei Rufnummer und Karten­nummer schon über den QR-Code über­mit­telt und somit voraus­gefüllt werden.

Die NECT-App prüfte und prüfte und sollte nach 5-7 Minuten ein Ergebnis bringen, das lautete: "Fehler", bitte nochmal. Der Kunde hätte seinen Perso­nal­aus­weis mit persön­licher PIN verwenden können, nur die PIN hatte er entweder verlegt oder noch nie einge­richtet. Somit schied dieser Weg aus.

Dreimal fehl­geschlagen

Nachdem die Iden­tifi­zie­rung per App das dritte Mal fehl­geschlagen war, wurde die Prozedur ganz neu gestartet und gleich Video-Ident gewählt. Hierzu wird auf dem Handy zunächst ein Info-Video abge­spielt, das man sich unbe­dingt anschauen sollte. Beispiels­weise enthält es den Hinweis, dass man beim iPhone im Browser Safari extra unter Einstel­lungen die Popups frei­geben muss. Norma­ler­weise sind die blockiert.

Video-Ident: In spätes­tens 30 Minuten bekommen Sie eine E-Mail

Dann star­tete die Prozedur und der Aspi­rant fand sich am Samstag Mittag gegen 15 Uhr auf Platz 6; bald war er selbst dran. Eine Frau in reifem Alter erklärte mit ruhiger Stimme sehr geduldig und souverän, was zu tun ist: Ausweis vor die Kamera halten, nach links und rechts kippen, dann wird er foto­gra­fiert, dann die Rück­seite, und bitte noch den Zeige­finger auf den Ausweis legen und so weiter. Nach wenigen Minuten die erlö­sende Nach­richt: "Vielen Dank, die Prüfung ist in Ordnung. Sie bekommen in spätes­tens 30 Minuten eine E-Mail. Darin ist ein Link, den klicken Sie bitte an, und dann wird die Karte akti­viert."

Wo bleibt die E-Mail?

Wir ahnen es schon, die Mail kam nicht. Auch nicht im Spam-Ordner. Auch nach zwei Stunden nicht. Der Kunde schaute ratlos. Wir riefen die 2202 (Kunden­hot­line Telekom Mobil­funk) an. Nach allerlei Erklä­rungen zum Daten­schutz und dass wir keinen Rückruf und keinen Inter­net­link möchten, hatten wir endlich eine freund­liche Bera­terin dran, die um die Karten­nummer bat (diese beginnt mit 8949, rele­vant sind aber in der Regel nur die letzten neun Ziffern der Karten­nummer).

Sie erkannte schnell, dass die Karte noch nicht aktiv sei und bat um Geduld, während sie selbst auf die interne Suche ging. Ihre Recher­chen waren nieder­schmet­ternd: Die Video-Ident-Frei­schalt-Abtei­lung sei für die Telekom-Hotline nicht erreichbar, es sei auch nicht fest­zustellen, ob die Iden­tifi­zie­rung geklappt habe oder was der aktu­elle Stand der Dinge sei. Eine Frei­schal­tung könne schon mal 24 Stunden dauern, man möge Geduld haben.

Am Sonntag keine Hilfe möglich

Am Sonntag wieder die gleiche Prozedur. Dieses Mal mit der Auskunft, dass die Akti­vie­rungs­abtei­lung Sonn­tags nicht zu errei­chen ist. Man könne da nicht weiter­helfen. Am Montag früh das gleiche Spiel und die bereits bekannte Infor­mation, dass die Ident-Abtei­lung nicht erreichbar sei, aber so eine Frei­schal­tung schon einmal 2-3 Tage dauern könnte. Der Kunde war enttäuscht bis leicht sauer.

Kein Einzel­fall?

Nach einer kurzen Rund­frage in der Branche kam heraus, dass schon einige Kunden an der Akti­vie­rung der "SB"-Prepaid-Karten geschei­tert seien. Auch hier habe die Hotline nicht weiter helfen können. In einigen Fällen seien die Karten unak­tiviert "wegge­worfen" oder vom Verkäufer der Kauf­preis zurück­ver­langt worden.

Daraufhin hat teltarif.de sich direkt an die verant­wort­lichen Stellen der Telekom gewandt und auf die Proble­matik hinge­wiesen. Die Reak­tion erfolgte prompt. Es wurde eine Prüfung der Ange­legen­heit zuge­sagt, und bereits um die Mittags­zeit lief der frag­liche Anschluss, parallel dazu traf die ange­kün­digte E-Mail ein. Es wurde uns dabei versi­chert, dass die Hotline einen Zugriff auf die Vorgänge der Ident-Abtei­lung bekommen solle und im Problem­fall nach­for­schen könne, ob der Vorgang geschei­tert ist oder wo es noch hängt.

Ein Einschät­zung (von Henning Gajek)

Der Prozess des ID-Nach­weises soll Straf­taten verhin­dern, er behin­dert aber eher den Kauf oder die Nutzung von Prepaid bei Senioren oder Menschen mit geringen deut­schen Sprach­kennt­nissen oder ohne tech­nische Ausrüs­tung, z.B. in Form eines halb­wegs aktu­ellen Smart­phones.

Wenn dann der Prozess noch Bugs aufweist, wie bei der Telekom, kann das den Kunden zur Verzweif­lung treiben.

Hätte jeder Bürger, jede Bürgerin einen maschi­nen­les­baren Ausweis und auch ein fertig konfi­guriertes Handy, welches den Ausweis zuver­lässig lesen kann, wäre die Iden­tifi­zie­rung kein großes Problem. Das ist aber bekannt­lich in den aller­meisten Fällen nicht der Fall. Die Politik muss verstehen lernen, dass "böse Menschen" sich jeder­zeit eine auf Mickey Mouse oder ahnungs­lose, real exis­tie­rende Mitbürger regis­trierte SIM-Karte besorgen können, wenn sie damit "Unsinn" anrichten wollen. Der Leid­tra­gende sind Mitmen­schen, die mit moderner Technik auf Kriegsfuß stehen.

Sicher, man könnte diese Kund­schaft gene­rell in die Handy­shops schi­cken. Aber wird es den Shops vom Netz­betreiber auch gedankt? Oder muss der Shop gezwun­gener­maßen dem Kunden noch irgend­einen teuren Extra-Dienst verkaufen, um eini­ger­maßen auf seine Kosten zu kommen? Oder wird künftig in den Shops eine Akti­vie­rungs­gebühr berechnet?

Die Telekom ist gut beraten, ihre Prozesse nochmal kritisch zu über­prüfen und stark zu verein­fachen. Denn nicht immer ist ein kundiger Helfer aus der Nach­bar­schaft verfügbar - oder mögli­cher­weise wech­selt der Neukunde dann zu einem anderen Anbieter.

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