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Editorial: Mobiles VoIP - der neue Elefant im Porzellanladen?

Netzbetreiber werden zu Preisanpassungen gezwungen
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Dennoch wird in den kommenden Monaten und Jahren die Zahl der Kunden rasant wachsen, die bei guter bis optimaler HSPA-Netzversorgung mVoIP nutzen, denn die Kostenvorteile sind teilweise sehr attraktiv. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich über die auf vielen Skype-fähigen Handys vorhandene WLAN-Schnittstelle in einen Hotspot einzubuchen, wenn ein solcher vor Ort verfügbar ist. So lassen sich beispielsweise gezielt die teuren Roaming-Kosten umgehen.

Nun könnten die Netzbetreiber mVoIP einfach sperren. Doch blockieren solche Sperren auch andere, legitime Dienste der Nutzer und verschlechtern das Image eines Netzbetreibers. Schließlich sprechen juristische Gründe, insbesondere aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts, dagegen, so dass es auch zur Untersagung von Sperren kommen kann. Auch VoIP-Sondertarife können vor diesem Hintergrund nur eine vorübergehende Lösung sein.

Beim heutigen Stand ist mVoIP eine Nische. Doch wird die Zahl der mVoIPer schnell wachsen, wenn es sich herumspricht, wie sich damit Geld sparen lässt. Somit sind die Netzbetreiber zur Reaktion gegen den mVoIP-Elefanten gezwungen. Und diese Reaktion fällt aus wie bei WiMAX: Abbau von Kostenfallen. Egal, ob die Netzbetreiber reagieren oder nicht: Der mVoIP-Elefant wird viel wertvolles Porzellan zertrampeln, wie die von den Netzbetreibern als Geldbringer geliebten Roamingtelefonate und Anrufe zu Service- und Auslandsnummern.

Elefant eingebaut: Sprache bei LTE

Der allergrößte Fehler, den die Netzbetreiber hingegen begehen könnten, wäre, den mVoIP-Elefanten direkt in ihre künftigen LTE-Netze einzubauen. Denn der HSPA-Nachfolger ist ein reines Datennetz. Setzt man Sprachdienste darauf per VoIP auf, wie derzeit von vielen Seiten geplant, hat man mit den oben genannten Problemen zu rechnen. Der Flop beim ebenfalls VoIP-basierten Push to Talk sollte hier den Netzbetreibern eine Lehre sein. Denn in den USA, wo Push to Talk direkt auf geswitchten mobilen Sprachkanälen aufsetzt, ist Push to Talk als Dienst sehr erfolgreich!

So ist es vielleicht sogar die sinnvollste Lösung, dass die Netzbetreiber in ihren LTE-Netzen gar keine Sprachdienste anbieten, sondern dazu auf UMTS und GSM zurückgreifen. LTE würde dann nur für den Internetzugang verwendet. Das hätte dann aber die absurde Folge, dass Kunden mit einem LTE-Endgerät mancherorts zwar surfen, aber nicht telefonieren könnten. Da geplant ist, für LTE auch die niederfrequente digitale Dividende zu nutzen, ist für dieses eine sehr gute Netzabdeckung zu erwarten.

Eine alternative Lösung könnte sein, den IP-Elefanten doch noch zu bändigen, und ihm beispielsweise auf der Funkschnittstelle garantierte Bandbreiten, optimale Headerkompression und auch eine Weiterleitung nur "leicht" beschädigter Pakete beizubringen. Es klingt nämlich immer noch besser, wenn das Handy ein Sprachpaket mit einem Bitfehler an einer unwichtigen Stelle dennoch abspielt, als wenn es dieses durch eine Pause oder einen rein geschätzten Wert ersetzt. Mit den genannten Maßnahmen geht aber der Vorteil der IP, nämlich die absolute Einfachheit, wieder verloren.

Es bleibt also spannend.

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