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Editorial: Mobiles VoIP - der neue Elefant im Porzellanladen?

Netzbetreiber werden zu Preisanpassungen gezwungen
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Auf dem Mobile World Congress im Jahr 2007 ging das Sprichwort um vom "Elefant im Vorzimmer": Gemeint war damit der neue Funkstandard WiMAX, der drohte, die bestehenden Geschäftsmodelle der Mobilfunkbranche zu zerstören. Vodafone-Chef Arun Sarin erklärte in der Folge, die Mobilfunk-Branche müsse schnell sein, um WiMAX zu schlagen.

Tatsächlich war die Mobilfunkbranche sehr schnell und hat nicht nur hierzulande kräftig in den Ausbau von HSPA investiert, sondern zugleich auch die Datentarife gesenkt und durch Einführung von Flatrates die vormals teils exzessiven Kosten von Übervolumina ersatzlos gestrichen.

Das Ergebnis dieser Anstrengungen: HSPA+ hat technologisch (erreichbare Bitraten, spektrale Effizienz) mit WiMAX praktisch gleichgezogen, liegt aber ökonomisch (Abdeckung der installierten Netze, Zahl der aktiven Endgeräte) meilenweit vorne. Und so fühlen sich die WiMAX-Ausrüster gar zum Schwur genötigt, dass sie die Technologie nicht fallen lassen werden. Währenddessen arbeiten die Mobilfunker in Ruhe an den HSPA-Nachfolgern LTE und LTE Advanced, die die vielfache Geschwindigkeit wie WiMAX erreichen werden.

Doch der Sieg kam nicht ohne Preis, die Mobilfunker mussten Federn lassen. Ob sie mit mobilen Daten jemals Geld verdienen werden, ist nämlich durchaus fraglich. Zwar wachsen die Umsätze mit breitbandigen mobilen Datendiensten, aber nur langsam. Obwohl ein Großteil der Netzausbaukosten der letzten Jahre in Breitband investiert wurde, wurden mit Schmalband (Sprache und SMS) über vier Fünftel des Gesamtumsatzes erreicht.

Der neue Elefant: mobiles Voice over IP

Hinzu kommt, dass sich die Netzbetreiber mit den vergleichsweise günstigen Datentarife gerade einen neuen Elefanten im Porzellanladen heranzüchten: Mobiles Voice over IP. Dabei nutzt der Anwender eine vom Handy aufgebaute Internetverbindung, um mit einer auf dem Handy installierten VoIP-Software wie Skype zu telefonieren. Wird der Onlinezugang hinreichend günstig oder per Flatrate abgerechnet, kann VoIPen viel billiger als die direkte Anwahl einer Rufnummer sein.

Nun ist der Elefant mVoIP leider für den Nutzer schwer zu bändigen. Technologiebedingt kommt es durch die zwischengeschobene IP-Schicht fast zwangsläufig zu höheren Latenzzeiten, häufigeren Aussetzern oder gar vermehrten Verbindungsabbrüchen im Vergleich zu normaler mobiler Telefonie, so dass einem der Spaß an mVoIP schnell vergehen kann. Auch der Handyakku wird schneller leer, und der Umgang mit zwei Rufnummern (eine auf der SIM, eine auf der VoIP-Anwendung) dürfte ebenfalls nicht jedermanns Ding sein. Schließlich wird es sich in den meisten Fällen kaum rechnen, extra für Skype ein höherwertiges Handy anzuschaffen.

Welche Vorteile der Elefant für Sie als Telekommunikationskunden bietet und wie ich mVOIP in den schnellen, mobilen Datennetzen der Zukunft (LTE) einschätze, lesen Sie auf kommenden Seite.

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