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Porno-Produzent: Soviel Geld verdienen wir mit den Abmahnungen

Immer noch erhalten Nutzer des Streaming-Portals Redtube Abmahnungen, weil sie einen urheberrechtlich geschützten Film angeschaut haben sollen. Nun klagt ein Porno-Produzent sein Leid und erklärt, warum Abmahnungen für das Geschäft unerlässlich sind.
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Thomas Urmann von U+C, der abmahnenden Kanzlei, bestätigt diesen Trend: "Auf den Peer2Peer-Netzwerken ist niemand mehr unterwegs, dabei kommen nicht genügend Fälle zusammen", äußerte er gegenüber der Zeitung. Filesharing-Fälle seien nicht mehr "kostendeckend" zu verfolgen und die Nutzer seien vorsichtiger geworden. Nachdem im Jahr 2008 eine Novelle des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) in Kraft getreten ist, nach der die Rechteinhaber einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber den Internetprovidern haben, seien vorübergehend "goldene Jahre für alle beteiligten Rechtsanwälte" angebrochen, schreibt das Blatt.

Sollte die jetzige Masche mit der Abmahnung von Streaming-Nutzern rechtlich haltbar sein, könnten laut Urmann neue Abmahnwellen unter Streaming-Nutzern die Rekorde von 2010 noch überbieten. "Der Pornobranche geht es ziemlich schlecht: Wo früher große Firmen mit mehreren Hundert Angestellten arbeiteten, verwalten heute wenige Leute die alten Urheberrechte und trauern den guten alten Zeiten hinterher", sagte der abmahnende Anwalt der "Welt am Sonntag".

Laut Urmann ist das Abmahnen "vor allem ein statistisches Spiel mit Excel-Tabellen": Sowohl dem Rechteinhaber als auch der Kanzlei entstehen Kosten, von denen nicht klar ist, ob sie jemals wieder hereinkommen. Ein Antrag ans Gericht koste etwa 200 Euro, eine IP-Auskunft beim Provider drei Euro. Laut den vorliegenden Berechnungen "investieren" die Beteiligten bei Zehntausenden abgemahnten Nutzern also wohl über 200 000 Euro als "Vorleistung".

Erfüllungsquote: Reicht es, wenn 30 Prozent der Nutzer zahlen?

Außer Porno-Produzenten und Anwälten verdienen auch Inkassounternehmen an den Fällen Außer Porno-Produzenten und Anwälten verdienen auch Inkassounternehmen an den Fällen
Bild: dpa
Laut aktuellen Statistiken zahlen wohl 30 Prozent der Abgemahnten sofort, ohne mit der Wimper zu zucken. Laut der "Welt am Sonntag" darf der abmahnende Anwalt pro Fall eigentlich nur 15,50 Euro als Schadensersatz an den Rechteinhaber weiterreichen. Doch das ist den Porno-Produzenten zu wenig. Darum sollen laut dem Insider die Rechteinhaber von den Anwaltskanzleien oft ein Beraterhonorar bekommen. In einem Fall habe ein Anwalt "die Hälfte seines Honorars an die Produzenten abgegeben."

Zahlen die Abgemahnten nicht, kann der Anwalt die Forderungen an ein Inkasso-Unternehmen versteigern - wie teltarif.de berichtete, hat die Kanzlei U+C dies bereits vor zwei Jahren über ihre Webseite gemacht. Damals ging es um Ansprüche von insgesamt rund 90 Millionen Euro.

Das Blatt will Kopien von Dokumenten gesehen haben, in denen eine Vertragsbeziehung zwischen einer Anwaltskanzlei und Rechteinhabern von Porno-Material festgeschrieben wird. Darin werden die Anwaltsgebühren nur berechnet, wenn der Abgemahnte tatsächlich zahlt; der Porno-Produzent soll von allen anfallenden Zahlungen eine Beteiligung von 37,5 Prozent bekommen. In einzelnen Fällen sollen monatlich 40 000 Euro an einzelne Rechteinhaber überwiesen worden sein. Umstritten ist dabei allerdings, ob Anwälte ein Erfolgshonorar im außergerichtlichen Bereich überhaupt annehmen dürfen.

Schwer nachzuprüfen sind die bei der "Welt am Sonntag" aufgestellten Behauptungen, wie die Anwälte an die IP-Adressen der Nutzer gelangt sind. Von der Bestechung von Streaming-Portal-Administratoren ("30 000 Euro für 100 000 IP-Adressen") reichen die Theorien bis zu der Aussage, dass Anwälte und Detektive selbst Streaming-Seiten aufsetzen, um IP-Adressen abzugreifen. Anwalt Urmann von U+C bekräftigt seine Aussage, dass der Redtube-Fall "nur ein Testballon" gewesen sei. Im aktuellen Editorial Amandas schmutziges Geheimnis um die Redtube-Abmahnungen erörtert teltarif.de die Frage weiter, wie die Rechteinhaber des Films an so viele IP-Adressen kommen konnten.

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