Telekom-o2-Vertrag: Haben 1&1 & Co. Streit mit der Telekom?
Streit um die Telekom-Glasfaser als "Lebensader der Zukunft"
Bild: Telekom
Der heute verkündete Vertrag zwischen der Telekom und o2 über die Anmietung des VDSL- und FTTH-Netzes der Telekom durch o2 offenbart ein Dilemma, in dem die Internet-Provider möglicherweise in wenigen Jahren stecken werden: So wie man heutzutage niemanden mehr mit einem DSL-16-Anschluss hinter dem Ofen hervorlocken kann, weil VDSL-Vectoring oder TV-Kabel "state of the art" ist, so werden in einigen Jahren Vectoring-Anschlüsse langeweilig, weil die Glasfaser bis ins Haus dann hoffentlich der Standard ist.
Und wer selbst keine eigenen Glasfasernetze baut oder diese nicht bis direkt ins Haus des Kunden verlegt, muss diese Anschlüsse dann eben bei einem anderen Netzbetreiber anmieten. In ihrer offiziellen Stellungnahme zum Vertrag zwischen o2 und der Telekom hat die Bundesnetzagentur nun allerdings möglicherweise etwas mehr verraten als ihr und manchen Providern lieb ist.
Unverhohlene Andeutungen von Jochen Homann
Streit um die Telekom-Glasfaser als "Lebensader der Zukunft"
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In einer offiziellen Pressemitteilung zum Kooperationsvertrag zwischen der Telekom und o2 wird Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, folgendermaßen zitiert:
"Die Bundesnetzagentur begrüßt die Vereinbarung. Das ist ein gutes Signal für weitere Kooperationen zwischen den Marktakteuren. Ich hoffe, dass sich der Open-Access-Gedanke durchsetzt und es daher nunmehr auch in anderen Konstellationen zu freiwilligen Vereinbarungen über die (Mit)Nutzung der jeweiligen Netze kommen wird - auch wenn die Positionen dort derzeit noch etwas weiter auseinanderliegen."Der letzte Halbsatz bestätigt also, dass es schon weitere Verhandlungen zwischen anderen Wettbewerbern mit der Telekom, aber auch mit anderen Netzbetreibern gibt. Offenbar hat man sich dort aber noch nicht auf konkrete Konditionen einigen können. Homann wird weiter zitiert:
"Die Bundesnetzagentur hat stets betont, dass angesichts der besonderen Herausforderungen des Breitbandausbaus freiwilligen kommerziellen Vereinbarungen zwischen den Marktakteuren der Vorzug zu geben ist. Denn auf diese Weise können harte Entscheidungen des Regulierers in einem hochumstrittenen Umfeld und anschließende jahrelange juristische Auseinandersetzungen vermieden werden. Die Unternehmen haben es daher zu einem großen Anteil selbst in der Hand, für mehr Planungssicherheit für ihre Investitionen in den Auf- und Ausbau moderner Gigabitnetze zu sorgen und diesen zu beschleunigen."Auch hier weist die Formulierung "die Unternehmen haben es daher zu einem großen Anteil selbst in der Hand" darauf hin, dass es der BNetzA viel lieber ist, wenn die Provider und Netzbetreiber auf freiwilliger vertraglicher Basis ihre Streitereien um die Mitnutzung der Netze regeln, statt immer nur nach einer Regulierung durch die Staatsbehörde zu rufen.
Der Vertrag zwischen Telefónica und Telekom unterliegt zwar offiziell noch der sektorspezifischen TK-Regulierung. Die zuständige Beschlusskammer der BNetzA will rechtzeitig vor dem Inkrafttreten prüfen, ob die Vereinbarung den Regulierungsvorgaben entspricht. Nach dem heutigen, für eine Staatsbehörde auffällig enthusiastischen Statement ist aber davon auszugehen, dass der Vertag ohne große Auflagen genehmigt wird.
Wer sind die streitbaren Wettbewerber?
Wenn man sich fragt, wer die von Jochen Homann erwähnten streitbaren Wettbewerber sind, muss man nicht lange suchen. Ralph Dommermuth von 1&1-Drillisch ringt beispielsweise mit den Netzbetreibern im Mobilfunk-Bereich seit Monaten darum, für den Start seines eigenen 5G-Netzes ein bestehendes LTE-Netz mitnutzen zu dürfen. Weil es dazu bislang mit keinem Netzbetreiber eine Einigung gibt, hat Dommermuth kürzlich die Bundesnetzagentur um Hilfe gerufen.
Doch auch easybell ist möglicherweis ein Kandidat, der sich mit den Resale-Konditionen der Telekom schwer tut. Darauf deutet der stark verspätete Vertrag über die Anmietung von VDSL-250-Anschlüssen hin, der erst im vergangenen September umgesetzt werden konnte. Andere Internet-Provider beziehen hingegen schon länger VDSL-250 von der Telekom.
Der Schwarze Peter muss allerdings nicht immer nur bei den Resellern liegen, er kann möglicherweise auch bei lokalen Glasfaser-Netzbetreibern liegen, die für teures Geld bereits FTTH/FTTB-Netze ausgebaut haben. Dass diese die billigen Reseller wie o2, 1&1 oder easybell nicht "für einen Appel und ein Ei" auf ihre Netze lassen wollen, um hinterher Billig-Konkirrenz im eigenen Netz zu haben, ist nachvollziehbar.
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