Wahlprogramm-Check

Digitalisierung, Breitbandausbau & Co.: Das fordert die SPD zur Wahl

Dieses Jahr versucht sich die SPD bei Digitalthemen breiter aufzustellen als die Jahre zuvor. Interessant sind dabei die Positionen im Bereich Bildung, Breitband und dem Digitalrecht.
Von Stefan Kirchner

Netzneutralität: Datengleichheit und Big Data

Wichtig für ein offenes und freies Internet, egal wie schnell es ist, ist die Netz­neutralität und das auf internationaler Ebene. Die SPD will sich daher dafür einsetzen, dass rechtliche Vorgaben für etwaige Ausnahmen der Netz­neutralität auf europäischer Ebene gar nicht mehr möglich oder zumindest sehr stark eingeschränkt möglich sind. Unter anderem soll die Bundes­netzagentur (BNetzA) dafür sorgen, dass sich die Qualität des Internets nicht verschlechtert. Dazu braucht es entsprechende rechtliche Rahmen­bedingungen. Sprich die Daten­politik der Bundes­regierung muss auch dafür Sorge tragen, dass mögliche künftige Entwicklungen berücksichtigt werden. Als Beispiel wird die Verknüpfung von Big Data und autonomen Fahren genannt, wofür der rechtliche Rahmen noch gar nicht vollständig steht. Diese grundlegende Arbeit will die SPD im Rahmen einer Daten-Ethikkommission mit der Zivil­gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft erarbeiten.

Eines der daraus resultierenden Ziele der SPD ist es, eine Art digitales Grund­recht in Deutschland und Europa zu schaffen. Dabei soll Deutschland als einer der führenden Standorte für Daten­schutz und IT-Sicherheit ausgebaut werden, um eine Grundrechte­charta für das Digital­zeitalter auf EU-Ebene voranzutreiben.

Apropos autonomes Fahren: Für die anfallende Datenflut sollen an Haupt­verkehrsachsen verstärkt Glasfaser­netze entstehen, um die anfallenden Daten möglichst schnell transportieren zu können. Dabei sollen weder Daten­schutz noch Daten­sicherheit zu kurz kommen.

Digitales Recht: Mehr Kompetenzen gegen Hatespeech

So viele Möglichkeiten die digitale Welt auch bietet, sie ist kein rechts­freier Raum. Daher will die SPD das IT-Sicherheits­gesetz weiter­entwickeln, um neuen Gefährdungen besser gegenüber gewappnet zu sein. Unter anderem sollen Sicherheits­behörden sowohl personell als auch technisch aufgerüstet werden, was insbesondere fachliche Kompetenz mit einschließt. Damit einher­gehend sollen Forschung und Entwicklung im Bereich IT-Sicherheit verbessert und die Ausbildung von IT-Fachkräften entsprechend gefördert werden. Man will die technologische Kompetenz und digitale Souveränität stärken. Die SPD verspricht sich davon auch eine Verbesserung der Spionage-Abwehr von Cyber­angriffen durch fremde Nachrichten­dienste.

Zusätzlich sieht die SPD vor, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informations­technologie (BSI) zu einem Dienst­leister ausgebaut werden soll, der Hard- als auch Software zertifiziert, Gütesiegel für Digital-Produkte vergibt und einen Algorithmen-TÜV etabliert, um diskriminierungsfreie software­gestützte Entscheidungen zu gewährleisten.

Ein weiterer Punkt im Bereich Digital­recht ist das Thema des Hate Speech, sprich Hass­kommentare im Netz. Justiz- und Polizei­behörden sollen besser geschult werden, um bei Verfahren differenzierter agieren zu können. Dennoch will die SPD vor allem die Betreiber von sozialen Netzwerken stärker in die Pflicht nehmen, die regelmäßig entsprechend berichten sollen. Es soll einen einheitlichen Standard für das Beschwerde-Management geben, wer sich weigert mitzumachen, soll mit Buß­geldern bestraft werden. Fraglich ist nur, ob sie den Groß­konzernen finanziell weh tun oder nicht.

Was die SPD weiterhin schützen will, ist die Freiheit der Medien und der Schutz von deren Informanten. Ob nur im investigativen Journalismus oder allgemein, geht aus dem Wahl­programm nicht hervor. In jedem Fall müsse das Medien­recht der neuen Zeit angepasst werden, mit einem Fokus auf "Must-be-found"-Regelungen und Netz­neutralität. Eine Balance zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten müsse beibehalten werden. Unter anderem soll die Bereitstellungs­pflicht von Inhalten für sieben Tage gekippt werden. Konkrete Pläne dazu fehlen jedoch. Ganz konkret wird die SPD hingegen bei der Deutschen Welle: Der Auslands­sender soll bestehen bleiben und noch stärker finanziell gefördert werden.

Urheberrecht im digitalen Zeitalter

Die SPD will eine gerechtere Vergütung erzielen, sprich einen gerechteren Interessen­ausgleich zwischen Produzenten und den Verwertern digitaler Inhalte. Bessere Vergütung statt Verbote lautet die Devise, weshalb die pauschale Vergütung auch auf Online-Plattformen ausgeweitet werden soll. Konkret will man diejenigen mit berücksichtigen, die mit kreativen Leistungen im Netz ihr Geld verdienen. Außerdem soll das Urheber­recht wissenschafts- und bildungs­freundlich modernisiert werden. Autorinnen und Autoren sollen für ihr Schaffen gerechter entlohnt werden, was eine Anpassung der Rahmen­bedingungen für die Vergütung nach sich zieht. Zudem sollen klarere rechtliche Regelungen dafür Sorge tragen, dass Bibliotheken auch im Digital­zeitalter ihrem Bildungs­auftrag nachkommen können und eBooks rechtlich gefahrlos verleihen können.

Eingeschlossen in diese Bemühungen ist das Urheber­recht auf europäischer Ebene. Der Abbau nationaler Grenzen für digitales Urheber­recht und die Harmonisierung der Binnen­märkte und Ausnahme­reglungen für Bildung, Wissenschaft sowie Forschung sollen vorangetrieben werden. Das schließt auch die Buchpreis­bindung mit ein, welche für die SPD nicht verhandelbar ist. Digitale Kunst soll, sofern machbar, mit derselben Mehrwert­steuerstufe behandelt werden, wie analoge Kunst.

Digitale Bildung und Kultur

Freilich ist die SPD nicht die einzige Partei, nach deren Vorstellung die Bildung in Deutschland unter Berücksichtigung der neuen digitalen Möglichkeiten reformiert werden muss. Dazu sieht die Partei vor, dass der Unterricht mit modernster Technologie aufgewertet wird, um fächer­übergreifend Kompetenzen im Umgang, dem Einsatz und der Gestaltung von Inhalten zu vermitteln. In Kooperation mit den Ländern sollen daher neue Bildungs­standards für alle Schulstufen sowie Bildungs­bereiche erarbeitet und umgesetzt werden.

Sämtliche Lehrmaterialien sollen zudem digital im Rahmen von Open Access zur Verfügung stehen. Konkret sollen offene Bildungs­inhalte kurz Open Educational Resources zur Verfügung stehen. Bereitgestellt werden sollen diese Inhalte über eine digitale Lern­plattform, auf die jeder zugreifen kann. Daher müssen Bund und Länder gemeinsam Bildungs­einrichtungen fördern, damit die geeignete Technik überhaupt bereitgestellt werden kann. Dabei sollen aber auch Lehrerinnen und Lehrer gezielt mit aktueller Technik ausgebildet werden, damit sie entsprechende Medien- und Technik­kompetenz an ihre Schüler weitergeben können.

Zudem sollen Online-Angebote von Hochschulen ausgebaut werden, damit das Studium zeit- und ortsunabhängiger wird. Dazu bedarf es einer Ausstattungs­offensive bei der Digitalisierung ihrer Inhalte und des Campus mit Lern­plattformen. Den Gedanken der Open University will die SPD fördern, damit auch Menschen ohne Abitur sich neues Fachwissen aus erster Hand aneignen können. Außerdem muss das Nutzen von moderner Technik legal werden, Stichwort Text- und Datamining.

Weiterhin sollen Volkshochschulen um Kurse ausgebaut werden, in denen speziell älteren Menschen das digitale Leben näher gebracht wird. Deutschland soll quasi für die digitale Gesellschaft des 21. Jahrhunderts fit gemacht werden und das in allen Altersklassen.

Doch nicht nur Bildung muss digital stärker ausgebaut werden, sondern auch Kultur selbst. Dazu sollen Bund und Länder stärker in die Deutsche Digitale Bibliothek investieren. Unter anderem soll das deutsche Filmerbe digitalisiert werden, was durch eine Finanzierung und Stärkung der deutschen Filmbranche sowie des Kinemathekverbandes geschehen soll. Überhaupt soll das Kulturerbe durch Digitalisierung auch nachfolgenden Generationen hautnah vermittelt werden können. Auch die Förderung und den Zugang der Kunst soll durch digitale Möglichkeiten verbessert werden. Profitieren könnten davon vor allem diejenigen, die bisher keine Möglichkeit hatten, Kunst und Kultur zu erleben.

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