Themenspezial: Verbraucher & Service Wahlprogramm-Check

Digitalisierung, Breitbandausbau & Co.: Das fordert die FDP zur Wahl

Kaum eine andere Partei zur diesjährigen Bundestagswahl setzt öffentlich dermaßen stark auf die Digitalisierung wie die FDP. Was die Liberalen konkret umsetzen möchten, haben wir für Sie etwas näher zusammengefasst.
Von Stefan Kirchner

Autonomes Fahren und der Datenschutz

Die FDP zeigt sich gegenüber dem autonomen Fahren sehr aufgeschlossen und sieht es sogar als Chance, insbesondere für selbst­bestimmte Mobilität körperlich eingeschränkter Menschen und für Verkehrs­konzepte in ländlichen Regionen. Dort sieht die FDP zudem für Drohnen einen idealen Einsatz­zweck im Zusammenhang mit Rettungs­kräften. Vorher muss die Gesetz­gebung für Drohnen­einsätze jedoch umfassend reformiert werden.

Weiterhin will die FDP, dass der Bund seine kompletten Anteile an der Deutschen Telekom AG und der Post AG verkauft. Da beide Unternehmen als international tätige Konzerne agieren, könnten sie dem Wettbewerb locker standhalten. Außerdem ist der Bund als Regulierer des Telekommunikations- und Postmarktes in einem Interessen­konflikt: Es ist Aufgabe des Bundes dafür Sorge zu tragen, dass der Wettbewerb fair abläuft. Als Aktionär an Unternehmen steht jedoch ein Interesse an einer möglichst guten Dividende dem Anspruch des Regulierers im Wege. Durch den Verkauf der Anteile wiederum würde neues Kapital zum verstärkten Ausbau der Breitband­anschlüsse zur Verfügung stehen, wo Deutschland hoffnungslos hinterher­läuft, laut der Studie des FTTH Council Europe [Link entfernt] vom Februar 2017. Laut den Statistiken der OECD liegt der Anteil an Gigabit-fähigen Glasfaser­anschlüssen in Deutschland bei gerade mal 1,4 Prozent. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 20 Prozent und in Japan als Spitzen­reiter sind es sogar 74 Prozent. In Sachen Breitband­anschlüsse ist Deutschland wahrlich ein Entwicklungsland.

Löblich ist, dass die Freien Demokraten ein digitales Selbst­bestimmungsrecht für jeden deutschen Bundesbürger fordert. Jeder soll transparent sehen können, wer, wann und warum auf personen­bezogene Daten zugreift. Dazu will die FDP das sogenannte Opt-in-Verfahren für personen­bezogene Daten einführen, sodass die Abfrage dieser Daten nur nach vorheriger Zustimmung der jeweiligen Person erfolgen kann. Zusätzlich soll das Auskunft­srecht weiter bei den Nutzern liegen, auch wenn staatliche und private Stellen der Zugriff auf die eigenen Daten gewährt wurde.

Wichtig ist der FDP in Bezug auf sensible digitale Daten, dass diese nur dann außerhalb der Reichweite deutscher Behörden gespeichert werden, wenn Daten­schutz und Daten­sicherheit mindestens dem Standard der EU-Datenschutz­verordnung im Wesentlichen entsprechen. Dazu gehöre auch, dass die digitale Infrastruktur erheblich besser vor Angriffen geschützt werden müsse. Dies müsse eine staatliche Aufgabe ersten Ranges sein. In Kooperation mit entsprechenden Unternehmen sollten Technologien für Verschlüsselung und Sicherheit von Zugriffs­systemen im Allgemeinen weiter­entwickelt und verbessert werden.

Digitales Recht und Gesetz

Die umstrittene Vorratsdaten­speicherung lehnen die Freien Demokraten ab. Vielmehr sollen Verkehrs­daten von Personen nur bei begründetem Verdacht eingefroren und für tatsächliche Ermittlungen wieder freigegeben werden, anstatt jeden Bundesbürger ohne Einverständnis potenziell zu überwachen.

Zusätzlich sollen Polizei und Justiz wieder oberste Priorität im Bundes­haushalt bekommen, um zweierlei Dinge zu erreichen. Einerseits will die FDP Polizei und Justiz personell wieder stärker aufstocken, um Überarbeitung und zu große Bearbeitungs­dauer zu reduzieren. Andererseits sollen Beamte digital fit gemacht werden, um Personalien schneller aufnehmen und mit anderen Behörden teilen zu können. Zusätzlich sollen Richter und Staats­anwälte besser geschult werden im Bereich IT und Cyberkriminalität.

Digitalministerium und Breitbandausbau

Einen wunden Punkt spricht die FDP an, wenn es um das Thema Breitband­ausbau geht. Nur mit Glasfaser­technik sei eine zukunfts­sichere Strategie für Gigabit-Leitungen möglich und Kupfer­leitungen mittels Vectoring auszubauen sei nicht die Lösung, schon gar nicht langfristig. Daher soll sich unter anderem ein Digital­ministerium um Ausschreibung und Vergabe zum Ausbau von Glasfaser­leitungen kümmern. Derzeit liegt die Kompetenz für digitale Angelegenheiten und Breitband­ausbau bei fünf verschiedenen Behörden und Ministerien – mit ein Grund, warum die FDP ein allgemein zuständiges Digital­ministerium fordert.

Weiterhin wird ein öffentliches WLAN für alle gefordert, und das sowohl an öffentlichen Orten, Gebäuden als auch im öffentlichen Nahverkehr. Dazu sollen Betreiber als Ergänzung zu den freien WLAN-Hotspot-Bestrebungen von der Störer­haftung ausgenommen werden. Schon jetzt kämpft die FDP laut eigener Aussage dafür auf europäischer Ebene, damit WLAN-Betreiber nicht für die Urheberrechts­verletzungen der Nutzer verantwortlich gemacht werden können.

In Zukunft sollen sich Nutzer an öffentlichen Zugängen mit ihrem Personal­ausweis anmelden können. Dazu soll besagter Ausweis weiter­entwickelt werden, um einen möglichst unkomplizierten Austausch von Daten bei Behörden, Unternehmen, Banken, dem Gesundheits­wesen und auch mit anderen Nutzern zu ermöglichen. Hoffentlich wird dabei das Thema Sicherheit nicht zu fahrlässig behandelt, wie der Hack des Chaos Computer Clubs und des elektronischen Personal­ausweises aus dem Jahr 2010 zeigte.

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