Parteienvergleich

Datenschutz & Vorratsdatenspeicherung: Das planen die Parteien

Positionen der Parteien vor der Bundestagswahl im Vergleich
Von Verena Huth

Informationelle Selbstbestimmung ist Grundrecht, steht aber nicht im Grundgesetz. Kundendaten werden zu Werbezwecken weitergegeben, Arbeitnehmer ausgespäht. Und mit der elektronischen Gesundheitskarte, der Speicherung von Fluggastdaten und der Antiterrordatei rückt der "gläserne Bürger" immer näher.

Bereits seit mehreren Jahren soll das Datenschutzgesetz grundlegend überarbeitet werden. Mit den Unternehmensskandalen des Jahres 2008 geriet die Regierung unter zusätzlichen Druck. Doch die beschlossenen Änderungen, die zum Großteil erst 2010 und 2012 - und damit in der nächsten Legislaturperiode - in Kraft treten sollen, stießen auf Kritik. So sprachen [Link entfernt] Bündnis 90/ Die Grünen von einem Datenschutz "in homöopathischer Dosierung".

Das Thema bleibt aktuell: Am vergangenen Samstag hatten in Berlin mehrere tausend Menschen für eine Verstärkung des Datenschutzes demonstriert. Ebenso wurden Stimmen laut, die großen Parteien würden es mit Nutzerdaten auf den eigenen Webseiten nicht allzu genau nehmen. Wie sich die etablierten Parteien und die Piraten gegenüber teltarif.de mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl zu Datenschutz und Vorratsdatenspeicherung äußern, erfahren Sie in diesem Artikel.

Bündnis 90/ Die Grünen: "Meine Daten gehören mir"

Positionen der Parteien zum Datenschutz Positionen der Parteien zum Datenschutz
Bild: lookata - Fotolia.com, Montage: teltarif.de
Besonders ausführlich behandeln Bündnis 90/ Die Grünen diese Themen. Sie wenden sich gegen das Bild eines Präventivstaats: "Im System Schäuble ist für den Staat jede und jeder zunehmend ein Sicherheitsrisiko." Freiheit und Sicherheit dürften keinesfalls zugunsten des letzteren gegeneinander ausgespielt werden. Insofern lehnen die Grünen die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten ab. Selbige sei als "klarer Eingriff in das Grundrecht auf vertrauliche Kommunikation" zu betrachten.

Die Grünen fordern, das Grundrecht auf Datenschutz in das Grundgesetz aufzunehmen. Um selbiges noch zu stärken planen sie einen "Ausbau der personellen Kapazitäten der Datenschutzbeauftragten" sowie eine effizientere Beschränkung des Datenhandels. Speicherfristen sollten überdies verkürzt und das Recht auf umfangreiche Selbstauskunft festgeschrieben werden. Datenmissbrauch müsste "wie ein Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte geahndet werden", und zwar mit einem Anspruch auf Schadensersatz. Nicht zu vergessen sei außerdem die Medienkompetenz der Bevölkerung, die ebenfalls einer Verbesserung bedürfe.

Die Piraten: "Gegen den Überwachungsstaat"

Es überrascht nicht weiter, dass das Thema Datenschutz auch bei den Piraten an zentraler Stelle steht. Kritisch äußern sie sich zu den ihrer Ansicht nach ausufernden Kontroll-Maßnahmen: "Jeder einzelne Schritt zum Überwachungsstaat mag noch so überzeugend begründet sein - doch als Deutsche und Europäer wissen wir aus Erfahrung, wohin dieser Weg führt." Eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten "widerspräche nicht nur der Unschuldsvermutung, sondern auch allen Prinzipien einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft." Die Piraten fordern dementgegen die Einführung eines "generellen Kommunikationsgeheimnisses", mit dessen Hilfe der Persönlichkeitsbereich auf elektronische Medien ausgedehnt würde. Überhaupt müssten die "bereits bestehenden Überwachungsbefugnisse" insgesamt evaluiert werden.

Um den Datenschutz weiterhin auszubauen, sehen die Piraten die Einrichtung einer unabhängigen deutschen Datenschutzbehörde mit Sanktionsrechten vor. Die Prinzipien von Datensparsamkeit und Datenvermeidung müssten hochgehalten und unabhängige Stellen, die personenbezogene Daten verwenden, kontrolliert werden. Überdies stünde jedem Bürger ein "unentgeltlicher Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder Löschung der Daten" zu.

Die Linke: "Informationelle Selbstbestimmung in allen Bereichen"

Der "gläserne Bürger" ist nach Meinung der Linken "kein hinnehmbares Leitbild". Aus diesem Grund müssten "Kontroll- und Überwachungsprojekte wie die Vorratsdatenspeicherung des Telefon- und E-Mail-Verkehrs" auf Eis gelegt werden.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sollte "in allen gesellschaftlichen Bereichen" verwirklicht werden. Datenschutz gehöre ins Grundgesetz. Bei einer Modernisierung desselben müsste vor allem Datensparsamkeit eine Rolle spielen. Desweiteren dürften Daten "nur zu dem Zweck, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt gemacht wurde" und dem sie zustimmten, verwendet werden. Zu den Voraussetzungen eines wirksamen Datenschutzes zähle die personelle, finanzielle und rechtliche Stärkung unabhängiger Datenschutzeinrichtungen.

SPD: "Kein gläserner Bürger"

Wahlprogramme im Netz:
  • Bündnis 90/Die Grünen [Link entfernt]
  • CDU/CSU
  • FDP
  • Die Linke [Link entfernt]
  • Die Piraten
  • SPD [Link entfernt]
Auch die SPD spricht sich gegen einen "Präventionsstaat" aus, der "auf der Suche nach Gefahrenquellen die Daten Unbeteiligter vorbeugend sammelt und überwacht." Gerade in der digitalen Welt gewinne das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung an Bedeutung. "Wir wollen keinen gläsernen Bürger", so die SPD. Die Voraussetzungen für staatliche Datenerhebungen und deren Nutzung müssten "klar geregelt und strikt begrenzt" werden. Zu diesem Zweck seien die gesetzlichen Vorschriften zur Weitergabe von Kundendaten bereits verschärft worden. Auf deren Einhaltung will die SPD in Zukunft besonders achten. Ob eine Datenspeicherung auf Vorrat kategorisch ausgeschlossen wird, erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht.

Überdies müsse die Medienkompetenz insbesondere bei Jugendlichen gestärkt werden. Die SPD plant die Gründung einer "Stiftung Medienkompetenz" sowie die Einführung eines "Medienführerschein" für Kinder und Jugendliche.

FDP: "Balance zwischen Freiheit und Sicherheit"

An die Stelle diverser Gesetze will die FDP "ein neues Bundesdatenschutzgesetzbuch" treten lassen. Zudem sollte das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im Grundgesetz ausdrücklich verankert werden. Geht es allerdings um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit in einer demokratischen Ordnung, so spricht die FDP von einer "Balance", die zu finden sei. Wie eine solche aussehen könnte und ob ihr die Vorratsdatenspeicherung zu Gute kommen oder eher abträglich sein würde - dazu äußert sich die Partei nicht genauer. In jedem Fall müsste das Bankgeheimnis wiederhergestellt werden.

Zur Verbesserung des Datenschutzes rät die FDP ebenfalls zur Datensparsamkeit. Auf Bundesebene soll dem Datenschutzbeauftragten der Status einer obersten Behörde verliehen werden. Darüber hinaus wird ein Haftungssystem angestrebt, "das dazu anhält, durch ein effizientes Datenschutzmanagement Haftungsrisiken zu vermeiden", so beispielsweise mit Hilfe von Datenschutzgütesiegel oder Datenschutzaudits. Auch die FDP plädiert für eine Stärkung der Medienkompetenz seitens der Bevölkerung. Um Verbraucher besser informieren zu können, sei die Gründung einer "Stiftung Datenschutz" sinnvoll.

CDU/CSU: "Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden"

CDU und CSU sprechen sich für "einen umfassenden Datenschutz" aus. Von der Speicherung "unnötiger Datenmengen" sollte in Zukunft abgesehen werden. Auch wenden sie sich gegen das Bild eines "gläsernen Bürgers". Um dieses Schreckgespenst zu bannen, sei aber auch die Medienkompetenz der Nutzer gefordert: "Nicht Bevormundung, sondern Befähigung ist unser Ziel."

An anderer Stelle bezeichnen CDU und CSU einen Datenschutz nach ihrer Vorstellung jedoch als einen "mit Augenmaß". Der "Schwarzhandel mit Adressen, Diebstahl von Daten bis hin zu illegalen Kontoabbuchungen" seien "die negativen Begleiterscheinungen der legalen Nutzung von Kundendaten."

CDU und CSU charakterisieren die Lage Deutschlands als "einen Teil eines weltweiten Gefahrenraums". Vor diesem Hintergrund müssten Datenschutzinteressen mit den Anliegen "einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung in Einklang" gebracht werden. Datenschutz dürfe nicht mit Täterschutz identisch sein. Für europaweit abrufbare Fahndungsausschreibungen und den notwendigen Abgleich von Ermittlungsdaten solle "die Entwicklung einer europäischen Strategie zum Informationsaustausch" vorangebracht werden.

Die Pläne der Parteien zu Datenschutz und Vorratsdatenspeicherung im kurzen Überblick

Parteien Positionen
Bündnis 90/
Die Grünen
Bündnis / Die Grünen wollen den Datenschutz ins Grundgesetz aufnehmen. Bei Zuwiderhandlungen müsste Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Vorratsdatenspeicherung lehnen sie ab.
CDU/CSU Mit der CDU/CSU soll eine "geregelte Weitergabe von Daten zwischen Behörden" erfolgen. Eine Speicherung von "unnötigen Daten" dürfe nicht stattfinden.
FDP Laut FDP gehört Datenschutz ins Grundgesetz. Sie planen sowohl eine "Stiftung Datenschutz als auch Datenschutzgütesiegel bzw. Datenschutzaudits. Ob Vorratsdatenspeicherung weiterhin erlaubt sein sollte, bleibt unklar.
Die Linke Die Linke plädiert für eine Aufnahme des Datenschutzes ins Grundgesetz. Unabhängige Datenschutzeinrichtungen sollen gestärkt werden. Vorratsdatenspeicherung wird abgelehnt.
Die Piraten Die Piraten stimmen ebenfalls für einen im Grundgesetz verankerten Datenschutz. Sie planen, eine unabhängige Datenschutzbehörde mit Sanktionsrechten einzurichten. Die Datenspeicherung auf Vorrat kommt für die Piraten nicht in Frage.
SPD Datenschutz als Grundrecht müsste gerade in der digitalen Welt geachtet werden, so die SPD. Für Datenerhebungen und deren Weitergabe seien verschärfte Regeln angemessen.

Verbraucherthemen betreffen die Bürger direkt

Die diesjährige Bundestagswahl am 27. September könnte zur "Verbraucher-Wahl" werden, denn Verbraucherthemen scheint im Wahlkampf besondere Aufmerksamkeit zuteil zu werden. Nach einer Umfrage im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) wünschen sich über 80 Prozent der Wahlberechtigten einen besseren Verbraucherschutz. Antworten der CDU/CSU, der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP, der Linken und der Piraten-Partei auf andere strittige Fragen im Internet- und Telekommunikationsbereich liefern wir Ihnen in den kommenden Tagen bis zur Bundestagswahl auf teltarif.de. Im nächsten Teil nehmen die Parteien uns gegenüber Stellung zu dem Thema Breitbandausbau.

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