Parteienvergleich

Privatkopie und Urheberrecht: Das planen die Parteien

Positionen der Parteien vor der Bundestagswahl im Vergleich
Von Verena Huth / Björn Brodersen

Kopien für den privaten Gebrauch, Raubkopien und Filesharing über Tauschbörsen im Internet wie etwa Pirate Bay; Nutzungsbeschränkungen für digitale Media-Dateien durch Kopierschutzmaßnahmen wie etwa Musiktitel, die nur auf einer begrenzten Anzahl von Musikplayern abgespielt werden können; und Autoren und Verlegerverbände gegen den Internet-Konzern Google, der Bücher im großen Stil digitalisieren und im World Wide Web frei zugänglich machen will: Viele meinen, dass das Urheberrecht in seiner bisherigen Form den Möglichkeiten des Internets nicht gerecht wird.

Diskussionen über das "digitale Urheberrecht", die "Internet-Piraterie" und eine etwaige "Kultur-Flatrate" gehören zu den spannendsten Themen des aktuellen Wahlkampfs vor der Bundestagswahl am 27. September. Die Rechte-Problematik im Netz hat sogar mit der Piraten-Partei eine neue Partei hervorgebracht, die sich nicht nur mit ihrem Namen gegen die allgemeine Panik vor den Enterhaken im Internet wendet. teltarif.de hat bei den fünf etablierten Parteien sowie bei den Piraten nachgefragt, welche Ziele sie beim Thema "digitales Urheberrecht" verfolgen. Die Antworten fielen mal mehr, mal weniger konkret aus.

Die Piraten: "Grundlegende Reform des Urheberrechts"

Positionen der Parteien zum Urheberrecht
Fotos: René Sputh - Fotolia.com / Parteien, Montage: teltarif.de
Die Piraten-Partei fordert eine "grundlegende Reform des Urheberrechts", bei der "es nicht nur um ein uneingeschränktes Zitatrecht, sondern auch um die Stärkung der Privatkopie, Begrenzung der Schutzfristen, die Abschaffung von DRM und anderen Kopierschutzmaßnahmen, Förderung von Kultur-Schaffenden und Ausnahmen für Lehre und Forschung" geht. Im letzteren Bereich müsse insbesondere Open Access gefördert werden, da "mit öffentlichen Geldern geförderte wissenschaftliche Arbeit und daraus resultierende Publikationen für jeden Menschen kostenfrei zugänglich sein" sollten. In diesem Zusammenhang müsse auch bei Software nach dem Open-Source-Prinzip jeder Interessierte Zugriff auf die Quellcodes haben. Schließlich könne dadurch auch wieder der Staat von der Öffentlichkeit profitieren, indem diese sich an der Verbesserung der Software beteiligt.

Um den Urhebern des geistigen Eigentums dennoch ihr Auskommen zu sichern, dürfe "alten Geschäftsmodellen nicht nachgetrauert werden", sagte die Piraten-Partei gegenüber teltarif.de. Als Beispiel für innovative Lösungen nennen die Piraten die CreativeCommons-Lizenzen, die keine Einschränkungen für digitale Privatkopien mit sich brächten. Allgemein sprechen sich die Piraten für eine Förderung Kulturschaffender und eine "Neubewertung" von Pauschalabgaben für Hardware aus - was sich allerdings genau hinter dieser Formulierung verbirgt, bleibt zunächst noch unklar.

Die Grünen: "Kultur-Flatrate und Schutz der Privatkopie"

Ähnliche Ziele wie die der Piraten finden sich auch im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen. So fordern auch die Grünen einen zukünftigen Schutz von Privatkopien sowie den Abschied von Kopierschutzmaßnahmen wie DRM. Mit Blick auf die Rechteinhaber sollen einerseits "erweiterte Standards" für die Aufnahme in die Künstlersozialkasse entwickelt werden. Andererseits plädieren Bündnis 90/Die Grünen für die Einführung einer "Kultur-Flatrate", möglicherweise "eine Pauschale, aber nach Bandbreite gestaffelte Abgabe pro Internetanschluss", erläutert die Partei auf unsere Nachfrage. Nach Ansicht der Grünen würde eine Kultur-Flatrate - neben zusätzlichen Einnahmen für die Kulturschaffenden - viele Vorteile mit sich bringen: "Nutzerinnen und Nutzer von Tauschbörsen würden entkriminalisiert, Ermittlungsbehörden und Gerichte entlastet und der Schutz der informationellen Selbstbestimmung und des Fernmeldegeheimnisses massiv verbessert", heißt es weiter.

Auch planen Bündnis 90/Die Grünen, CreativeCommons, Open Source und Open Acces zu fördern. Wie die Piraten plädieren sie dafür, mit öffentlichen Geldern ermöglichte Innovationen, ob nun wissenschaftliche Erkenntnisse oder neue Software-Entwicklungen, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

SPD: "Schutz geistigen Eigentums, aber auch angemessene Vergütung"

Auch die SPD zeigt Interesse an einer Kultur-Flatrate. "Mit den geplanten Datenautobahnen wird sich das Kreativpotenzial in Deutschland erst richtig entfalten. An der Frage des Schutzes geistigen Eigentums kommen wir deshalb nicht mehr vorbei." Die Schaffung eines "Ausgleichs zwischen Schutz geistigen Eigentums und angemessener Vergütung einerseits und Verwertung geistiger Leistungen andererseits" sei unabdingbar, erklärt sie uns gegenüber. Genaueres könne jedoch über eine solche Lösung, möglicherweise als Kultur-Flatrate, noch nicht gesagt werden: "Wir haben uns noch nicht auf ein Modell festgelegt, sondern wollen die Diskussion darüber führen, was die Gesellschaft braucht." Das Ziel bestünde darin, in einem Dialog von "Netzbetreibern, Internet-Providern, Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften" ein konkretes Konzept erst noch zu entwickeln.

Die Linke: "Stärkung der Rolle von Kreativen"

Wahlprogramme im Netz:
  • Bündnis 90/Die Grünen [Link entfernt]
  • CDU/CSU
  • FDP
  • Die Linke [Link entfernt]
  • Die Piraten
  • SPD [Link entfernt]
Bei der Linkspartei taucht der Begriff "Kultur-Flatrate" nicht auf. Sie sprechen sich allerdings dafür aus, Privatkopien zu Bildungszwecken weiterhin zuzulassen. Im Wahlprogramm der Partei wird von einer "Stärkung der Rolle von Kreativen" gesprochen. Um bessere Arbeitsbedingungen für Kultur-Schaffende herzustellen, sind "Fair-Work-Siegel" beispielsweise für Plattformen und andere Online-Angebote geplant. Überdies sollen die "Rechte von Kreativen und Nutzerinnen und Nutzern im Internet in einem modernen Urheberrecht" verankert werden.

FDP: "Urheberrecht muss digitaltauglich werden"

Die FDP bezeichnet die "Internetpiraterie" als "eine existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft" - das Internet dürfe "kein rechtsfreier Raum" werden. Doch die Idee einer Kultur-Flatrate lehnt die FDP ihrer Aussage nach ausdrücklich ab. Stattdessen seien Lösungen anzustreben, "die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten." Laut Wahlprogramm soll in diesem Zusammenhang weiter auf die "Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften mit effizienten und transparenten Strukturen" gesetzt werden. Insofern müsse das Urheberrecht weiterentwickelt, sozusagen digitaltauglich gemacht und nicht zu einem "Urheberrecht zweiter Klasse" werden.

CDU/CSU: "Effektivere Ahndung von Urheberrechts-Verstößen"

Wie die FDP warnt auch die CDU/CSU vor dem Internet als eine rechtefreie Zone. Doch findet sich im Wahlprogramm zum digitalen Urheberrecht lediglich ein Hinweis darauf, dass "Interessen ausgeglichen" werden sollen. Wie und auf welche Weise das ermöglicht werden kann, führt die CDU/CSU trotz unserer Nachfrage nicht konkreter aus. "Die rechtlichen Maßstäbe in der analogen Welt, etwa bei Diebstahl geistigen Eigentums, müssen auch in der digitalen Welt gelten", heißt es vielmehr auf Nachfrage. Privatkopien sollen nach Meinung der Partei weiterhin möglich sein, doch sei "zumindest eine effektivere Ahndung von Überschreitungen dieses Rechtsinstituts unabdingbar". Die Frage, wie die Ahndungsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Bestimmungen effektiver gestaltet werden sollen, ließ die CDU/CSU uns gegenüber noch offen.

Die Pläne der Parteien zum Urheberrecht im kurzen Überblick

Parteien Positionen
Bündnis 90/
Die Grünen
Bündnis 90/ Die Grünen sprechen sich für eine Kultur-Flatrate aus, möglicherweise eine pauschale, aber nach Bandbreite gestaffelte Abgabe pro Internetanschluss.
CDU/CSU Urheberrechts-Verletzungen im Netz sollen nach Plänen der CDU/CSU effektiver geahndet werden, Privatkopien jedoch erlaubt bleiben.
FDP Die FDP will das bestehende Urheberrecht "digitaltauglich" machen und strebt dabei eine Lösung an, die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleistet.
Die Linke Die Linke setzt sich für eine Modernisierung des Urheberrechts, für das Recht auf Privatkopien und für ein "Fair-Work-Siegel" für Plattformen und andere Online-Angebote ein. Die Rolle von Kreativen will Die Linke stärken.
Die Piraten Die Piraten fordern ein uneingeschränktes Zitatrecht für Multimedia sowie die Abschaffung von DRM und anderen Kopierschutzmaßnahmen.
SPD Die SPD will die Einführung einer Kultur-Flatrate prüfen und Dialog mit Netzbetreibern, Internet-Providern, Rechteinhabern und im Verwertungsgesellschaften ein konkretes Konzept entwickeln.

Verbraucherthemen betreffen die Bürger direkt

Die diesjährige Bundestagswahl am 27. September könnte zur "Verbraucher-Wahl" werden, denn Verbraucherthemen scheint im Wahlkampf besondere Aufmerksamkeit zu teil zu werden. Nach einer Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) wünschen sich über 80 Prozent der Wahlberechtigten einen besseren Verbraucherschutz. Antworten der CDU/CSU, der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP, der Linken und der Piraten-Partei auf andere strittige Fragen im Internet- und Telekommunikationsbereich liefern wir Ihnen in den kommenden Tagen bis zur Bundestagswahl auf teltarif.de. Im nächsten Teil nehmen die Parteien uns gegenüber Stellung zu den Themen "Internet-Sperren" und "Online-Durchsuchungen".

Welche Position der Parteien zu Privatkopien, Kopierschutz und Urheberrecht sagt Ihnen am ehesten zu?







(zum Ergebnis)

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