Parteienvergleich

Internet-Sperren & Online-Durchsuchung: Das planen die Parteien

Positionen der Parteien vor der Bundestagswahl im Vergleich
Von Verena Huth / Björn Brodersen

Die Debatte um Kinderpornografie im Netz hat weite Kreise gezogen. Wie kann entschieden werden, welche Inhalte im Internet veröffentlicht werden und auffindbar sein dürfen. Wo hört die freie, demokratische Meinungsäußerung auf? Und wie schützt man die Internetnutzer vor illegalen Inhalten? Vieles deutet darauf hin, dass Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen nicht nur gegen Websites mit kinderpornografischen Inhalten vorgehen möchte - das brachte ihr unter Kritikern den Beinamen "Zensursula" ein. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt sagte Ursula von der Leyen beispielsweise: "Wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten."

Das im vergangenen Juni vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (ZugErschwG) ist allerdings noch nicht in Kraft getreten und könnte durch die anstehende Bundestagswahl sogar aufgehalten werden. Hier erfahren Sie, wie sich die fünf etablierten Parteien und die Piraten mit Blick auf die Bundestagswahl zu den strittigen Fragen der Internet-Sperren und Online-Durchsuchungen gegenüber teltarif.de geäußert haben.

CDU/CSU: "Konsequentere Überwachung und Sanktionierung"

Positionen der Parteien zu Internetsperren Positionen der Parteien zu Internet-Sperren
Foto: Tomasz Trojanowski - Fotolia.com / Parteien, Montage: teltarif.de
Das Thema der Bekämpfung von Internetkriminalität nimmt einen zentralen Platz im Wahlprogramm von CDU und CSU ein. Gegenüber teltarif.de kündigte die CDU einen effizienteren Kampf gegen Straftaten im Internet an, indem "die zuständigen Behörden mit ausreichend Personal und modernster Technik ausgestattet werden." Daher würden prinzipiell keine anderen Standards als bei der "Verfolgung von Kriminalität außerhalb des Netzes" angelegt. Und - wie bereits angedeutet - wird es bei der Verfolgung nicht allein um Kinderpornografie gehen: Im Wahlprogramm der CDU/CSU ist von einer "konsequenteren Überwachung und Sanktionierung antisemitischer und antiwestlicher Propaganda" beispielsweise auf islamistischen Webseiten die Rede.

Nichts desto trotz betont die Partei uns gegenüber: "Eine generelle Inhaltskontrolle des Internets findet in unserer Demokratie nicht statt! Aber das Netz ist kein rechtsfreier Raum, in dem hemmungslos gemobbt, beleidigt, bedroht oder betrogen werden darf."

SPD: "Zugangserschwerungsgesetz als entscheidende Verbesserung"

Die SPD-Medienexpertin Monika Griefahn macht [Link entfernt] deutlich: "Mit der SPD wird es keine Ausweitungen der Sperren für kinderpornografische Internetseiten auf weitere Inhalte geben. [...] Solange die SPD an der Regierung ist, haben solche Zensurträume keine Chance." Die Piraten melden jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Statements an, nennen als Begründung dafür andere gegensätzliche Aussagen von SPD-Politikern.

Gegenüber teltarif.de bezeichnet die SPD das Zugangserschwerungsgesetz als "entscheidende rechtliche Verbesserung im Rahmen der Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet." Weiterhin würden mit Hilfe der neuen gesetzlichen Regelungen auch Internetnutzer geschützt, rechtsstaatliche Grundsätze gesichert und ein transparentes Verfahren ermöglicht. Ob es weitere Pläne innerhalb der Diskussion um Internet-Sperren gibt - darüber hält sich die SPD bedeckt bzw. verweist auf das neue Gesetz, dessen Erfolg oder Misserfolg beobachtet werden soll.

FDP: "Evaluierung der Überwachungsgesetze"

Die FDP plädiert für ein in Zukunft zielgerichteteres Vorgehen gegen Computerkriminalität. Als einen ersten Schritt halten sie die "Evaluierung der seit 1998 beschlossenen Überwachungsgesetze unter den Gesichtspunkten der Wirksamkeit, der Verfassungsmäßigkeit und der dadurch gebundenen Mittel" für sinnvoll. Allerdings sollten "Anbieter von Telemediendiensten nicht mit unerfüllbaren Haftungs- und Verantwortlichkeitsregeln oder Überwachungspflichten konfrontiert werden", die sie in einen möglichen Konflikt mit Schadensersatzforderungen von Kunden stürzen könnten. Letztendlich stünden Presse- und Meinungsfreiheit in einer "vernetzten Wissensgesellschaft" an erster Stelle - "Zensur darf auch im Internet nicht stattfinden."

Auch Online-Durchsuchungen lehnt die FDP ab. Kinder und Jugendliche müssten allerdings "vor für sie ungeeigneten Inhalten in den Medien geschützt werden." Zu diesem Zweck bedürfe es eines modernen Jugendmedienschutzrechts ohne Internet-Sperren von Seiten des Staates. Gegenüber teltarif.de konkretisierte die FDP ihren Standpunkt insofern, als dass sie "auf Filter zu Hause" setzten - "zum Beispiel durch geeignete Filter-Software, die von den Eltern installiert werden kann."

Bündnis 90/Die Grünen: "Partei der Freiheit des Internets"

Wahlprogramme im Netz:
  • Bündnis 90/Die Grünen [Link entfernt]
  • CDU/CSU
  • FDP
  • Die Linke [Link entfernt]
  • Die Piraten
  • SPD [Link entfernt]
Eine intensivierte Strafverfolgung im Internet sei unerlässlich, so Bündnis 90/Die Grünen. Das Netz dürfe "kein rechtsfreier Raum" sein. Um gegensätzliche Entwicklungen zu verhindern, sei "vor allem eine bessere technische Ausstattung der Behörden und eine personelle Aufstockung von Fachkräften" vonnöten. Gerade mit Blick auf den Kampf gegen Kinderpornografie und rechtsextreme Propaganda wollen die Grünen auf eine verstärkte internationale Kooperation und vereinheitlichte Standards setzen. Anstelle von Internet-Sperren sprechen sie sich für Löschungen aus: "Inhalte wie Kinderpornografie müssen aus dem Netz gelöscht werden, sobald sie bekannt sind." Schließlich könnten Sperren mitunter sehr einfach umgangen werden. Die Schaffung einer Sperrinfrastruktur sei kein adäquates Instrument - die Grünen betonen stattdessen: "Wir sind die Partei der Freiheit des Internets."

Die Linke: "Digitale demokratische Medienordnung"

Die Linke möchte die "Freiheit im Netz erhalten und ausbauen", "Programm-und Inhaltsvielfalt" schützen. Der "freie und gleiche Informationsfluss" sei für die Gestaltung einer "digitalen demokratischen Medienordnung" unerlässlich, die die Linke anstrebt. Anstelle der scheinbaren, "anarchistischen Drohkulisse" soll vielmehr das "demokratische Potenzial des Mediums" Beachtung finden. "Und dieser Teil, die digitale Welt, wächst. Im digitalen Kapitalismus werden Information und Wissensproduktion unmittelbar zur Produktivkraft. Es ist entscheidend, wie und vor allem von wem die Netzwerke digitaler Kommunikation künftig beherrscht werden." Dies schließe ebenso eine extrem restriktive Einflussnahme durch den Staat aus.

Die Ablehnung von Internet-Sperren und Online-Durchsuchungen müsse im Rahmen einer demokratischen Ordnung ohnehin selbstverständlich sein, betont die Partei uns gegenüber. Im digitalen Zeitalter sei die Medienpolitik gefordert, nicht in "kleinteiligen Regulierungsschritten" voran zu schreiten, sondern einen medienpolitischen Rahmen zu schaffen, "der die Bedingungen der digitalen Kommunikation und ihrer Netzwerke berücksichtigt."

Die Piraten: "Allgemeines Kommunikationsgeheimnis"

Es überrascht nicht weiter, dass die Piraten diesen Standpunkt teilen. Sie weisen darauf hin, dass das Zensurverbot in einer Demokratie immer an oberster Stelle stehen müsste: "Staatliche Kontrolle des Informationsflusses, also Zensur, ist ein Instrument von totalitären Regimes und hat in einer Demokratie nichts verloren. Der Kampf gegen rechtswidrige Angebote im Internet muss jederzeit mit rechtsstaatlichen Mitteln geführt werden." Die Piraten planen überdies die Einführung eines allgemeinen "Kommunikationsgeheimnisses", eine Art Weiterentwicklung des Briefgeheimnisses. Dieses soll die Kommunikation im Internet schützen. Vor einem solchen Hintergrund wären präventive Online-Durchsuchungen natürlich undenkbar, so die Piraten. Ein entgegengesetztes Verfahren solle nur im Fall eines "begründeten und konkreten Tatverdachts" möglich sein.

Parteien Positionen
Bündnis 90/
Die Grünen
Es soll weder Internet-Sperren noch Online-Durchsuchungen geben.
CDU/CSU Die CDU/CSU stimmte mehrheitlich für das ZugErschwG. Weitergehende Internet-Sperren schließt die Partei nicht aus, zu Online-Durchsuchungen machte die CDU uns gegenüber keine Angabe.
FDP Weder Online-Durchsuchungen noch Internet-Sperren sind geplant, allerdings Filter-Software am PC für Kinder und Jugendliche.
Die Linke Internet-Sperren und Online-Durchsuchungen werden ausgeschlossen.
Die Piraten Auch Die Piraten lehnen Internet-Sperren und Online-Durchsuchungen ab.
SPD Die SPD stimmte mehrheitlich für das ZugErschwG, will jetzt erst einmal Wirkung des neuen Gesetzes beobachten. Zu Online-Durchsuchungen machte sie uns gegenüber keine Angabe.

Verbraucherthemen spielen bei der Wahl eine wichtige Rolle

Die diesjährige Bundestagswahl am 27. September könnte zur "Verbraucher-Wahl" werden, denn Verbraucherthemen scheint im Wahlkampf besondere Aufmerksamkeit zu teil zu werden. Nach einer Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands wünschen sich über 80 Prozent der Wahlberechtigten einen besseren Verbraucherschutz. Antworten der CDU/CSU, der SPD, der Grünen, der FDP, der Linken und der Piratenpartei auf andere strittige Fragen im Internet- und Telekommunikationsbereich liefern wir Ihnen den kommenden Tagen bis zur Bundestagswahl auf teltarif.de. Der nächste Teil unserer Serie beschäftigt sich mit per Telefon abgeschlossenen Verträgen.

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