"Grundfunk"

"Grundfunk": Neuer Vorschlag zur Rundfunkfinanzierung?

Zwar wird oft über die Höhe des Rund­funk­bei­trags gestritten, nicht jedoch über eine grund­le­gende Reform des Systems. Sieben Land­tags­frak­tionen der AfD stellten nun in Düssel­dorf erst­mals ein neues Finan­zie­rungs­kon­zept vor.
Von Björn König

Foto: Pixabay In die Debatte um den Rundfunkbeitrag kommt Bewegung
Foto: Pixabay
In die zähe Debatte um den Rund­funk­bei­trag könnte neue Bewe­gung kommen. Erst­mals gibt es nun vonseiten der Landes­po­litik einen konkreten Debat­ten­bei­trag über grund­le­gende Reformen des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­sys­tems. Sieben Land­tags­frak­tionen der AfD haben den Ball ins Spiel­feld geworfen und stellten in Düssel­dorf ihr Konzept zum soge­nannten "Grund­funk" vor.

Neuer Programm­auf­trag

Foto: Pixabay In die Debatte um den Rundfunkbeitrag kommt Bewegung
Foto: Pixabay
Im Grund­satz will die AfD am öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk fest­halten. Es soll weiterhin entspre­chende Programme geben, jedoch unter klaren Rahmen­be­din­gungen. In einem ersten Schritt werde der öffent­lich-recht­liche Programm­auf­trag klar defi­niert. Nach­richten, Kultur sowie Amateur- und Brei­ten­sport werden weiterhin gesendet, wegfallen sollen jedoch vor allem Unter­hal­tungs­for­mate. Shows sowie Filme und Serien würden dann bei ARD und ZDF künftig keine Rolle mehr spielen.

Die Partei will das Budget gegen­über dem jetzigen Haus­halt um 90 Prozent kürzen. "Ziel ist es, den ÖRR wieder auf seine Kern­auf­gaben im Sinne des gesetz­lich defi­nierten Auftrags zur Grund­ver­sor­gung zu konzen­trieren. Er soll als deut­lich verschlankter "Grund­funk" zukunfts­fähig werden und die Medi­en­land­schaft im Digi­tal­zeit­alter besser ergänzen und – voll­ständig werbe­frei – das senden, was sich für die Privaten aus kommer­zi­ellen Gründen nicht rechnet", so die medi­en­po­li­ti­schen Spre­cher der Frak­tionen. Auch die jetzige föde­rale Struktur der Rund­funk­an­stalten bleibe bestehen.

Abschaf­fung des Rund­funk­bei­trags

Kern der Reform ist weiterhin eine Abschaf­fung des Rund­funk­bei­trags, welcher aktuell als verpflich­tende Abgabe von Haus­halten in Deutsch­land getragen wird. Nach Vorstel­lungen der Partei würde dieser durch eine Medi­en­um­lage ersetzt, welche von Wett­be­wer­bern und Digi­tal­kon­zernen zu tragen sei. Somit würde eben­falls ein Zugriff auf die Melde­daten der Bürger entfallen.

Das bedeutet konkret: Neben Bertels­mann/RTL und ProSiebenSat.1 sowie Springer müssten künftig auch US-Konzerne das deut­sche Rund­funk­system mitfi­nan­zieren. "Anstelle der bishe­rigen Rund­funk­bei­träge werden inter­na­tio­nale Tech-Giganten wie Amazon, Face­book, Netflix oder Google und damit jene Unter­nehmen, die vom Wegfall der Rund­funk­ge­bühr am stärksten profi­tieren, mit einer Infor­ma­tions- und Kultur­um­lage belegt werden", so Jens Cotta, medi­en­po­li­ti­scher Spre­cher der AfD-Land­tags­frak­tion Thüringen.

Ein dritter und nicht minder wich­tiger Aspekt sei die Wieder­her­stel­lung der Staats­ferne der Aufsichts­gre­mien, die zukünftig zu glei­chen Teilen mit Experten, Zuschau­er­be­auf­tragten und Vertre­tern der Kommunen zu besetzen seien. Der derzei­tige Einfluss der Parteien auf die öffent­lich-recht­li­chen Medien wider­spreche deren Anspruch auf eine grund­sätz­lich neutrale Bericht­erstat­tung und müsse zukünftig voll­ständig unter­bunden werden.

Gehälter und Pensionen

Einer der zentralen Kosten­fak­toren im öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­system sind nach wie vor Gehälter bzw. die Alters­vor­sorge. Hier kann es jedoch bei einer mögli­chen Reform offen­kundig keine kurz­fris­tigen Lösungen geben. Bei einem redu­zierten Programm­auf­trag ist aber auch dort lang­fristig mit deut­li­chen Einspa­rungen zu rechnen, schließ­lich entfallen bei ARD und ZDF viele Perso­nal­kosten bei Produk­tionen im Unter­hal­tungs­be­reich.

Realis­tisch?

Die Gret­chen­frage ist aber: Wie hoch ist die Wahr­schein­lich­keit, dass die AfD ihr Konzept tatsäch­lich umsetzen kann? Dazu müsste es zunächst zu einer AfD-Regie­rungs­be­tei­li­gung auf Landes­ebene kommen. Das erscheint aktuell eher unwahr­schein­lich. Aller­dings: Sollte die Partei in Zukunft ledig­lich in einem Bundes­land mitre­gieren, besteht die Möglich­keit zur Aufkün­di­gung des Rund­funk­staats­ver­trages, dem alle Bundes­länder zustimmen müssen. Unter diesen Umständen würde das bishe­rige System defi­nitiv fallen und eine Reform wäre unaus­weich­lich.

Am Ende müsste die AfD dann aber auch erläu­tern, wie sie zum Beispiel Geld von US-Konzernen für die Finan­zie­rung des deut­schen öffent­li­chen Rund­funks eintreiben will. Denn bislang tun sich Amazon, Netflix & Co. schon mit Steu­er­zah­lungen in Deutsch­land sehr schwer. Es ist daher durchaus frag­lich, wie realis­tisch die Vorschläge der AfD für den "Grund­funk" sind.

Update

In einem aktu­ellen Edito­rial erläu­tert Kai Petzke, wie sich die Vorstel­lungen der AfD konkret auf den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk auswirken würden und warum dadurch der öffent­lich-recht­liche Rund­funk zu einem "Heimat-TV" degra­diert werden würde.

Mehr zum Thema Rundfunkbeitrag