Statement

Ex-Postminister Schwarz-Schilling sieht Zukunft kritisch

Oligopole, wenig Sachverstand & zentrale Regulierung "brandgefährlich"
Aus Berlin berichtet Thorsten Neuhetzki

Schwarz-Schilling sieht Zukunft kritisch Schwarz-Schilling sieht Zukunft kritisch
Bild: teltarif.de - Thorsten Neuhetzki
"Man muss sich erst einmal etwas Sachverstand aneignen, bevor man solche Äußerungen macht", fand der ehemalige Postminister Dr. Christian Schwarz-Schilling heute auf einer Feier des Branchenverbandes VATM ungewöhnlich harte Worte in Richtung von CSU-Chef Horst Seehofer. Seehofer hatte, mehr oder weniger unverblümt, die drastische Reduzierung der Regulierung auf dem Telekommunikationsmarkt gefordert. Schwarz-Schilling war es, der die Deutsche Bundespost und somit sein eigenes Ministerium abgeschafft und den Wettbewerb, wie er heute existiert, erst möglich gemacht hat. Der Ex-Minister äußerte sich auch zu Forderungen der Telekom aber auch der EU-Kommission.

Die Regulierungsbehörden müssen seiner Ansicht nach weiter für einen offenen Zugang zu den Netzen für Wettbewerber Sorge tragen, ihre Rechtsgrundlage "muss in vollem Umfang erhalten bleiben", sagte er mit Hinblick auf deutlich weniger Regulierungseingriffe, die von verschiedenen Seiten gefordert werden. "Man kann nicht einfach sagen 'wir machen das ganz fair'". Ähnliches habe er beim Start des ersten privaten Mobilfunknetzes in Deutschland, das auf Richtfunkstrecken der Telekom angewiesen war, bereits erlebt. Hier habe es, bis sein Ministerium eingriff und dem Anbieter die Lizenz für eigene Richtfunkstrecken erteilte, Verzögerungen durch die Telekom gegeben, weil man auf Zusagen der Telekom baute.

Schwarz-Schilling: "Wir müssen vorsichtig sein"

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Bild: teltarif.de - Thorsten Neuhetzki
"Ich habe viel Vertrauen, aber manche Gesetzmäßigkeiten muss man auch heute beachten", sagte er im Hinblick auf möglicherweise gutgläubige Aussagen. "Das kann nur funktionieren, wenn es eine Behörde gibt, die das reguliert." Eigentlich müsse diese Behörde sogar noch mehr Möglichkeiten haben, schneller agieren können und nicht nur reagieren.

Mit Blick auf Forderungen der EU-Kommission aus Brüssel, die eine einheitliche Regulierung für Europa und nur wenige große Anbieter haben wollen, sagte Schwarz-Schilling wörtlich: "Wir müssen vorsichtig sein." Die Vorschläge machten auf ihn den Eindruck von Schnellschüssen.

Vorleistungsprodukt müsse nationalen Marktbedingungen entsprechen

Auch die Forderungen der Telekom würden dem heutigen Wettbewerbsmarkt nicht gerecht werden. Für seine Äußerung in Richtung des anwesenden künftigen Telekom-Chef Timotheus Höttges, ein Zurück zu einem Monopol sei für ihn kein erfreulicher Blick in die Zukunft, erhielt Schwarz-Schilling kräftigen Applaus von den Anwesenden, zumeist Mitarbeiter oder Geschäftsführern von Wettbewerbern der Telekom.

Aus Sicht des ehemaligen Post-Ministers sind Oligopole, wie sie durch die Forderungen der EU entstehen könnten, heute viel gefährlicher als er es vor seinem Amtsantritt vorgefunden habe. Private Anbieter seien heute viel gewiefter als es ein Staatskonzern damals war. Auch eine "Zentralregulierung von Brüssel aus erscheint mir brandgefährlich für Wettbewerb und Investitionskraft." Ein Vorleistungsprodukt müsse nationalen Marktbedingungen entsprechen und nicht zentral aus Brüssel bestimmt werden.

Erst kürzlich hat der VATM vor einem undifferenzierten Abbau von Regulierung im deutschen Telekommunikationsmarkt gewarnt. Außerdem ist der Verband auf die aktuellen Pläne der wohl kommenden Großen Koalition eingegangen. Timotheus Höttges hat im Übrigen gleich während der Veranstaltung auf die Rede von Schwarz-Schilling reagiert.

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