Übernahme

Editorial: Ist der Ruf erst ramponiert ...

Lohnt es sich, Handys in Deutschland herzustellen?
Von Björn Brodersen

Nun dürfen die Beschäftigten des insolventen Handy-Herstellers BenQ Mobile also doch noch hoffen: Nachdem der Insolvenzverwalter zum Jahreswechsel trotz der anfänglich rund 100 Interessentengespräche keinen Käufer für die ehemalige Siemens-Handysparte vorweisen konnte und das Insolvenzverfahren eröffnen musste, soll es nun doch noch zwei Investoren geben, die eventuell den Mobiltelefon-Hersteller übernehmen wollen. Morgen Nachmittag wollen alle Beteiligten - neben dem Insolvenzverwalter und Vertretern der Investorengruppe Arbeitnehmervertreter und Verantwortliche von Siemens sowie Experten der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Bayern - in einem Arbeitsgespräch über die angebotenen Übernahmemodelle und die möglichen Wege der Unterstützung verhandeln.

Ob am Ende auch die neuen Interessenten wieder abspringen werden, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand. Zumindest wären sie jetzt, nachdem das Insolvenzverfahren im Gange ist, von arbeitsrechtlichen Altlasten befreit und könnten auf die Unterstützung von allen Seiten hoffen. Recht ungewöhnlich sind denn auch die Bedingungen, die die Investoren stellen: Beispielsweise verlangen sie, dass rund 800 ehemalige BenQ-Mobile-Mitarbeiter für mehrere Monate an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und die Produktion wieder aufnehmen, ohne dass sie dafür bezahlt werden müssen. Zurzeit erhalten die Mitarbeiter der Transfergesellschaft von der Bundesagentur für Arbeit sowie von Siemens 84 Prozent ihres früheren Lohns. Weitere Forderung: Die Investoren wollen die nach Taiwan übertragenen Siemens-Patente nutzen können. Auf offene Ohren in Düsseldorf und München stoßen bereits ihre Bitten um Landesbürgschaften.

Das finanzielle Risiko ist groß

Auf der anderen Seite muss ein Käufer trotz der Verschlankung des Unternehmens ein großes finanzielles Wagnis eingehen. Laut dem Insolvenzverwalter belaufen sich allein die Anlaufkosten auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Dazu sind inzwischen 90 Prozent des ehemaligen Geschäfts von BenQ Mobile weggebrochen, das Image nachhaltig ramponiert und somit die Zukunftsaussichten alles andere als rosig. Schließlich haben sich schon die beiden Schwergewichte Siemens und BenQ an der Aufgabe verhoben, auf dem weltweiten Handymarkt mitzumischen. In anderen Teilen der Welt lassen sich eben Mobiltelefone günstiger herstellen als im Hochlohnland Deutschland.

Auch die ehemaligen BenQ-Mobile-Angestellten, die sich von Siemens und BenQ verraten und verkauft fühlen, sind nicht bereit, um jeden Preis ihren Arbeitsplatz zu retten, arbeiten ohne Geld kommt für sie wohl nicht in Frage. Zudem wollen Gewerkschaften verhindern, dass die Möglichkeit der Vermittlung der Arbeiter zu neuen Arbeitgebern über Probearbeits- oder Praktikumsplätze missbraucht wird. Die IG Metall hat bereits darauf hingewiesen, dass eine solche Vermittlung mit einer Qualifizierung für eine neue Erwerbstätigkeit einhergehen muss. Wohltätiges brauchen die Angestellten von einem Käufer nicht zu erwarten, schließlich hätten die Investoren ihr Interesse an einer Übernahme auch schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekunden können.

In einer Hinsicht jedoch dürften die Ziele aller Beteiligten übereinstimmen - dass eine mögliche Übernahme schnell geschieht. Siemens und BenQ wären das Sinnbild des Versagens des Managements los, ein Teil der ehemaligen Angestellten wäre wieder in Lohn und Brot, die Politiker könnten sich im Nachhinein selbst auf die Schultern klopfen, und der Käufer könnte unter neuem oder altem Markennamen Mobiltelefone bauen. Je mehr Zeit vergeht, desto eher wird einer der Beteiligten zum Verlierer. Fragt sich jetzt nur, ob sich einer der Investoren auf ein solches Wagnis einlässt.

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