ein Jahr danach

Trauriger Jahrestag für BenQ-Mobile-Mitarbeiter

EU bewilligt Millionen-Hilfe für ehemalige Mitarbeiter
Von ddp / Marie-Anne Winter

Als Arbeitsplatz mit Lebenszeit-Garantie hatten die rund 1 800 Stellen beim Handyhersteller im niederrheinischen Kamp-Lintfort gegolten - damals, als noch der Großkonzern Siemens die Löhne und Gehälter überwies. Doch dann kam alles ganz anders. Im September 2005 trennte sich Siemens von seiner defizitären Mobilfunksparte, das taiwanesische Elektrounternehmen BenQ übernahm die Geschäfte. Nur ein Jahr später, am 29. September 2006, musste die deutsche Tochtergesellschaft BenQ Mobile Insolvenz anmelden, nachdem der asiatische Mutterkonzern die Zahlungen eingestellt hatte.

Am Samstag, dem Jahrestag der Insolvenz, wollen sich frühere Mitarbeiter noch einmal vor den Werkshallen in Kamp-Lintfort versammeln. Gemeinsam mit DGB-Landeschef Guntram Schneider und Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD) wollen sie die Geschehnisse des vergangenen Jahres Revue passieren lassen.

Um an den Verlust der insgesamt rund 3 300 Stellen bei BenQ Mobile in Kamp-Lintfort, Bocholt und München zu erinnern, sollen zum symbolischen Zeitpunkt um fünf nach zwölf Luftballons mit Transparenten in den Himmel steigen. Auf ihnen soll zu lesen sein, wie viele Stellen in den einzelnen Unternehmensbereichen wegfielen. Besonders für Kamp-Lintfort bedeutete die Schließung des Werks einen herben Verlust, war der Handyhersteller doch der zweitgrößte Arbeitgeber der 40 000-Einwohner-Stadt gewesen.

"Die Politik darf unsere Region nicht vergessen", fordert Ulrich Marschner, Geschäftsführer der IG Metall in Dinslaken. Mehr als die Hälfte der Anfang des Jahres in die Qualifizierungsgesellschaft übergetretenen 1 756 BenQ-Mitarbeiter aus Kamp-Lintfort habe noch keinen neuen Job gefunden, heißt es bei der Transfergesellschaft PEAG. 800 Menschen seien in neuen Posten tätig, weitere 43 seien aus anderen Gründen wie Elternzeit oder Schwangerschaft aus der Transfergesellschaft ausgeschieden.

EU unterstützt Entlassene mit Millionen-Beitrag zur Qualifizierung

Viele der Übriggebliebenen seien "fehlqualifiziert", sagt Marschner. Das bedeute, dass sie zwar Handys bauen könnten, damit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes jedoch nicht gerecht würden. Gerade für sie gibt es jedoch neue Hoffnung aus Brüssel. Die Europäische Kommission gab gestern grünes Licht für finanzielle Qualifizierungshilfen. Mit den bis zu 12,8 Millionen Euro soll die berufliche Wiedereingliederung der ehemaligen BenQ-Beschäftigten gefördert werden. Im Fokus steht dabei die Weiterbildung Geringqualifizierter. Die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates steht allerdings noch aus.

An neue Hoffnungen, aber auch das Platzen von Träumen sind die ehemaligen BenQ-Mitarbeiter gewöhnt. Immer wieder hatten sie gehofft, dass doch noch ein Käufer für das insolvente Unternehmen gefunden wird. Mit über 100 Interessenten aus dem In- und Ausland verhandelte Insolvenzverwalter Martin Prager nach eigenen Angaben. So signalisierte eine deutsch-amerikanische Investorengruppe um den ehemaligen Daimler-Chrysler-Manager Hansjörg Beha Interesse, zog ihr Angebot aber schließlich zurück. Andere Interessenten legten erst gar keine konkrete Offerte vor, die Verhandlungen mit weiteren potenziellen Käufern scheiterten.

Ende Februar dieses Jahres schließlich verkündete Prager, was viele befürchtet hatten: Es gebe keine realistische Chance mehr, das Unternehmen als Ganzes zu verkaufen. BenQ Mobile müsse daher zerschlagen und abgewickelt werden. Im Werk in Kamp-Lintfort hatte zu diesem Zeitpunkt ohnehin niemand mehr gearbeitet. Am 30. Januar waren die letzten 165 Beschäftigten nach Hause geschickt worden.

Wer bis zum Jahresende 2007 keine neue Stelle gefunden hat, wird sich voraussichtlich arbeitslos melden und mit einer Abfindung zufriedengeben müssen. Diese wird aus dem früheren Gehalt und der Dauer der Betriebszugehörigkeit errechnet. "Der eine oder andere wird es mit dem Geld bis zur Rente schaffen", sagt Marschner. Wer jedoch unter 60 Jahren sei, für den sehe es düster aus.

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