gefährlich

Editorial: Hände ans Steuer!

Radio, Handy, Navigationssystem: Lenkt alles vom Autofahren ab?
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Schon wieder eine Spaßbremse: Der Verkehrsgerichtstag fordert, Navigationsgeräten mit zu vielen Multimedia-Features die Zulassung zu verweigern. Zumindest während der Fahrt müssten die Extra-Funktionen aus sein, um die Aufmerksamkeit des Fahrers nicht abzulenken. Der Deutsche Anwaltverein geht sogar einen Schritt weiter und fordert ein generelles Bedienverbot für die Geräte während der Fahrt. Um ein Fahrtziel einzustellen, müsste man folglich zunächst anhalten.

Die Diskussion erinnert an jene vor einigen Jahren über das Handyverbot am Steuer. Der wesentliche Unterschied: Wenn sie sicher installiert sind und verantwortungsvoll benutzt werden, tragen Navigationssysteme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Denn ein Fahrer, der sich voll auf die Straße konzentrieren kann, wird weniger Fehler machen als einer, der gleichzeitig noch nach dem Weg suchen muss und der sich dazu stark auf Straßennamen und Wegweiser konzentriert oder gar nebenbei mit einer Karte hantiert.

Ablenkung gefährlich

Eine Studie [Link entfernt] aus den USA schreckt auf: Unachtsamkeit aufgrund der Eingabe einer Nummer auf der Handy-Tastatur erhöht das Unfallrisiko auf fast das Dreifache! Ebenso gefährlich sind auch das Lesen und das Schminken während der Fahrt oder das Blicken auf einen externen Gegenstand abseits der Straße. Noch gefährlicher war nur noch das Greifen nach beweglichen Dingen, was das Unfallrisiko fast auf das Neunfache trieb. Zu letzteren gehört auch das Handy, wenn es runtergefallen ist.

Andere Aktivitäten, insbesondere das eigentliche Telefonieren mit Handy am Ohr, Essen und Trinken oder das Greifen nach Gegenständen an einem festen Ort, erhöhten der Studie zufolge das Unfallrisiko nur geringfügig. Weitere Insassen, egal ob auf dem Beifahrersitz oder der Rückbank, senkten sogar das Unfallrisiko. Auch dann, wenn der Fahrer die Haare kämmte oder Einstellungen am Autoradio vornahm, kam es seltener zu Zusammenstößen. Und kurze Blicke in die Rückspiegel drückten die Rate an vom Fahrer verschuldeten Unfällen erheblich.

Bei den Ergebnissen spielt sicher eine Rolle, dass kurze oder leicht unterbrechbare Aktivitäten, wie der Wechsel des Senders im Autoradio, vom Fahrer auf Zeiten verlegt werden, in denen dieser die Verkehrssituation als sicher einstuft. Zusätzliche Insassen bewirken anscheinend, dass der Fahrer vorsichtiger fährt. Oder: Die besonders riskanten Fahrer bleiben meist allein, da sich zu diesen niemand anderes ins Auto traut.

Komplizierte IT-Geräte: Ablenkung hoch

Das Gute an der zitierten Studie: Sie wurde nicht im Fahrsimulator mit Testpersonen und einer künstlichen Aufgabe durchgeführt, sondern mit echten Autos und normalen Fahrern im echten Verkehr. Die Studie zeigt: Die Unfallrate steigt nur moderat, wenn man das Handy beim Fahren in der Hand oder ans Ohr hält. Offensichtlich reicht eine Hand am Steuer aus - zumindest bei den in den USA üblichen Automatikgetrieben. Konzentriert man sich aber auf das Handy, zum Beispiel, um eine Nummer einzutippen bzw. im Telefonbuch zu suchen, wirds gefährlich. Da man aber länger telefoniert, als man Nummern tippt oder sucht, war die Gesamtzahl der Unfälle, die durch das Telefonieren und das Nummerneingeben verursacht worden sind, etwa gleich groß.

Interpretiert man diese Studie wortwörtlich, müsste man konsequenterweise die Beschäftigung mit jedem nicht unbedingt benötigten technischen Gerät - Handy, Navigationssystem, Bordcomputer etc. pp. - während der Fahrt verbieten. Navigationssysteme wären strikt auf ihre Ergonomie zu prüfen, insbesondere auf die Minimierung der Ablenkung des Fahrers. Ebensolches würde für Autoradios oder die Steuerung der Lüftung gelten.

Was aber keine der zitierten Studien bisher ermittelt hat: Finden Autofahrer nicht andere gefährliche Ablenkungen und Risiken, wenn man das Spielen mit der Elektronik verbietet? In der Vergangenheit zeigte sich ja bereits bei der Einführung von ABS, dass sich die Unfallzahlen oft nicht wie prognostiziert senkten, sondern teilweise gar erhöhten. Offensichtlich verleitete das bessere Bremssystem viele Fahrer zu einer unsicheren Fahrweise. Vielleicht bringt am Schluss regelmäßige Aufklärung mit dem Hinweis auf die Gefahren und dem Appell an die Vernunft mehr als noch eine neue Regelung.

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