Klage

BGH: Eltern haften nicht für Filesharing ihrer volljährigen Kinder

Der BGH lehnt die grundsätzliche Elternhaftung bei Filesharing ab. Dem Gericht lagen die Klagen von vier führenden Plattenfirmen gegen einen Polizeibeamten vor. Die Unternehmen verlangen Abmahnkosten in Höhe von rund 3 455 Euro.
Von Marleen Frontzeck-Hornke / Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Der Bundesgerichtshof verhandelt derzeit Der Bundesgerichtshof urteilt zu Elternhaftung
Bild: dpa
Eltern haften nicht automatisch für die Teilnahme ihrer volljährigen Kinder an illegalen Internet-Tauschbörsen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute entschieden (Az.: I ZR 169/12). Eltern müssten ihre erwachsenen Kinder nicht generell über die Illegalität solcher Tauschbörsen aufklären, hieß es. Das müsse erst geschehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass das Kind solche Tauschbörsen bereits in Anspruch genommen habe oder in Anspruch nehmen werde.

Der Bundesgerichtshof verhandelt derzeit Der Bundesgerichtshof urteilt zu Elternhaftung
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"Ein erwachsener Familienangehöriger muss nicht vorab belehrt werden", sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher. Der Internetanschluss werde den Angehörigen aufgrund der familiären Verbundenheit überlassen. In einer Familie herrsche ein besonderes Vertrauen, Volljährige trügen bereits Eigenverantwortung.

Anders wäre der Fall aber zu beurteilen gewesen, hätte Familienvater bereits Hinweise auf illegale Internet-Aktivitäten seines Stiefsohnes gehabt, sagte Büscher. Für die Richter spielte es offenbar keine Rolle, dass der Polizist auf Internetpiraterie und Onlinerecherche spezialisiert war.

Konkret bedeutet die Entscheidung: Der Anschlussinhaber haftet nicht automatisch für illegale Downloads anderer Personen im gleichen Haushalt. Und im Gegensatz zu Kindern unter 18 muss er sie auch nicht darüber belehren, was im Netz erlaubt ist und was nicht. Anders ist der Fall nur, wenn es konkrete Anzeichen für illegale Downloads gibt. Was Anschlussinhaber dann tun müssen, geht aus dem BGH-Urteil noch nicht klar hervor, so Solmecke. Auf jeden Fall sollten sie den Downloader dann auffordern, damit aufzuhören. Ob sie auch kontrollieren müssen, dass er sich daran hält, steht aber nicht fest. "Wenn schon eine Abmahnung ins Haus geflattert ist, gibt es auf jeden Fall Kontrollpflichten", sagt Solmecke.

3 749 Musikdateien wurden auf einer Internet-Tauschbörse angeboten

Dem Prozess lagen die Klagen von vier führenden Plattenfirmen gegen einen Polizeibeamten vor. Die Unternehmen verlangen Abmahnkosten in Höhe von rund 3 455 Euro. Ob das Gericht noch am selben Tag sein Urteil verkündet, war nach der heutigen Verhandlung noch unklar. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Jedoch weigerte er sich, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen. Der Beamte war 2007 abgemahnt worden, weil sein damals 20-jähriger Stiefsohn 3 749 Musikdateien auf einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten hatte. In einer Beschuldigtenvernehmung hat dann der Stiefsohn des Beklagten eingeräumt, mit dem Tauschbörsenprogramm "BearShare" Musik auf seinen Computer heruntergeladen zu haben.

Dem Beklagten wird vorgeworfen, er sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen. Er habe seinen Stiefsohn nicht hinreichend über eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung aufgeklärt. Auch über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen habe er nicht informiert. Der BGH hatte 2012 entschieden, dass Eltern minderjähriger Kinder nicht haften, wenn sie ihnen derartige illegale Downloads verboten haben bzw. wenn die Kinder ausreichend belehrt wurden. Der BGH sollte nun klären, ob das auch bei volljährigen Kindern gilt.

Mehr als ein Drittel der Befragten einer Studie finden illegale Downloads für den persönlichen Gebrauch in Ordnung - den gesamten Artikel können Sie auf dieser Seite lesen. Außerdem können einem EU-Gutachter zufolge Internet-Anbieter zu einer Sperrung illegaler Internetseiten verpflichtet werden.

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