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Editorial: Die nächste Regulierungsrunde

Wie viel dürfen Mobilfunknetzbetreiber künftig untereinander verrechnen?
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Anrufe vom Festnetz zum Handy kosten bei günstigen und preisstabilen Anbietern zwischen ca. 11 und 14 Cent pro Minute. In der Gegenrichtung telefoniert man hingegen mit Prepaid-Karten bereits ab 8 Cent pro Minute. Diese Ungleichheit ist vor allem durch die unterschiedlich hohen Interconnect-Entgelte bedingt, die aktuell in die Mobilfunknetze 8,78 bis 9,94 Cent, in die Festnetze hingegen lediglich 0,36 bis 1,36 Cent pro Minute betragen. Da die Mobilfunknetzbetreiber weniger an die Festnetzbetreiber bezahlen, können sie die Gespräche ins Festnetz günstiger anbieten als die Festnetzbetreiber die Gespräche in die Handynetze.

Die hohe Asymmetrie der Interconnects ist der zuständigen Bundesnetzagentur durchaus bewusst und war einer der Gründe, warum sie letztes Jahr die Entgelte für die Terminierung in die Handynetze überhaupt erstmalig der Regulierung unterwarf. Ebenso befristete sie ihre damalige Preisfestsetzung auf ein Jahr, während sie im Festnetz-Bereich zumeist mit Zweijahreszeiträumen arbeitet. Und so wäre die Bundesnetzagentur gut beraten, die aktuell anstehende Preisrunde für einen weiteren erheblichen Schritt nach unten zu nutzen.

Kosten massiv gesunken

Der weltweite Erfolg der GSM-Technik und die damit verbundenen großen Stückzahlen an hergestellten Netzwerk-Komponenten sowie die bekannten rasanten Leistungssteigerungen in der Halbleitertechnik haben in den letzten Jahren die Kosten für Mobilfunktechnik stark gedrückt. Folglich liegen die variablen Kosten - das sind die Kosten, die zusätzlich entstehen, wenn ein bereits aufgebautes Mobilfunknetz ein bestimmtes Verkehrsvolumen von z.B. eine Million Minuten täglich zusätzlich abwickeln muss - nur noch wenig über Festnetz-Niveau. Der 24-fache Mindestpreis (8,78 vs. 0,36 Cent) lässt sich mit den variablen Kosten nicht einmal andeutungsweise rechtfertigen.

Lediglich dann, wenn man auch fixe Kosten (Mieten für Standorte, Abschreibungen für altes, noch vergleichsweise teures Inventar, Lizenzen etc.) einrechnet, kann man insbesondere aufgrund der hierzulande immer noch geringen Minutenzahlen den hohen Mobilfunk-IC begründen. Doch eine solche Umlage erfolgt im Festnetz auch nicht: Hier wird der IC regelmäßig auf der Basis festgesetzt, dass die teure Teilnehmeranschlussleitung bereits mit der Grundgebühr für den Anschluss bezahlt wird, nicht anteilig vom Interconnect.

Der hohe Mobilfunk-IC hat nun zwei Effekte: Zum einen bewirkt er, dass die Festnetze die Mobilfunknetze subventionieren. Zum anderen bewirkt er, dass die Verbraucher Telefonate zum Handy als "teuer" empfinden und deswegen lieber im Festnetz anrufen. Das wiederum hat zur Folge, dass weniger Kunden komplett auf das Handy umsteigen, als technisch bereits möglich wäre. Damit verdienen die Festnetzbetreiber kräftig Grundgebühren für eigentlich unnötige Telefonanschlüsse, was den ersten Effekt (die Subventionierung der Mobilfunknetze durch die Festnetze) ganz oder teilweise kompensiert. Die Zeche zahlen am Schluss die Verbraucher.

Es gibt also gute Gründe, die dafür sprechen, dass die Bundesnetzagentur dieses Jahr die IC-Entgelte um mehr als die beim letzten Schritt angesetzten 20 Prozent absenkt und diesen Kurs der starken Senkung auch in den kommenden Jahren fortführt.

Rechtliche Situation schwierig

Leider spürt die Netzagentur jedoch Gegenwind von den Gerichten: Das Verwaltungsgericht Köln hob vor einem halben Jahr die Regulierungsverfügung für den Mobilfunkmarkt auf. Da die Bundesnetzagentur dagegen sofort Revision beantragte, ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. Immerhin lehnte das Revisionsgericht, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, Eilanträge der Netzbetreiber auf sofortigen Vollzug des Kölner Urteils ab. Das ist ein Hinweis, dass das Bundesverwaltungsgericht zumindest ernsthaft erwägt, das Kölner Urteil abzuändern, denn sonst hätte es im Eilverfahren wahrscheinlich anders entschieden. Mehr als ein Hinweis ist die Eilentscheidung aber auch nicht; das Endurteil könnte weiterhin zugunsten der Netzbetreiber ausfallen.

Die rechtlich unsichere Situation könnte nun zur Folge haben, dass die Bundesnetzagentur die Entgelte weniger stark senkt, um die Auswirkungen auf den Gesamtmarkt, wenn rückwirkend höhere Entgelte verrechnet werden, zu beschränken. Die aktuelle Rechtssituation ist jedenfalls alles andere als übersichtlich. Verhält sich die Bundesnetzagentur dementsprechend vorsichtig und senkt weniger stark, hätten die Mobilfunknetzbetreiber das mit der Klage verfolgte Ziel, nämlich eine weniger starke Anpassung nach unten, auch ohne rechtskräftiges Urteil erreicht.

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